27.05.2024, 18:45
Baerbock will Donbasshilfe leisten? Wäre ganz etwas Neues
Baerbock in Brüssel, 27.05.2024 - Quelle: © IMAGO/Kira Hofmann
27 Mai 2024
Vermutlich hat sie nur so vor sich hin geredet und einfach wieder alles durcheinandergebracht. Aber eigentlich sollte man sie beim Wort nehmen und die 60 Millionen jetzt auch einfordern. Für den Donbass. Als Wiedergutmachung.
Von Dagmar Henn
Klar, Außenministerin Annalena Baerbock hat bestenfalls ein instrumentelles Verhältnis zur Wahrheit. Aber das ist jetzt wirklich eine dreiste Lüge. Selbst Baerbock müsste dabei bis über beide Ohren rot werden.
"Unter der russischen Terrorbesetzung leiden die Menschen seit mehr als zweieinhalb Jahren und wir versuchen, die humanitäre Hilfe weiter mit den internationalen Akteuren dort in den Osten der Ukraine zu bekommen."
Das "weiter" ist die besondere Dreistigkeit. Weiter mit was? Mit nichts?
Ist ja nicht so, als hätte das aus Deutschland niemand gemacht. Wie der Verein Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe zum Beispiel. Humanitäre Hilfe in den Donbass, seit neun Jahren. Zugegeben, nicht weil dort eine "russische Terrorbesetzung" wäre; die Geschosse, die dort Häuser, Schulen, Fahrzeuge und immer wieder die Zivilbevölkerung treffen, kommen stets von ukrainischer Seite.
Aber das sollte ja nicht das Kriterium sein, nicht wahr, Frau Baerbock? Sondern, der Not abzuhelfen. Die beispielsweise im Sommer 2014 wirklich extrem war, weil die ukrainische Armee vorsätzlich vor allem die Versorgung verhindert hat, bis hin zur Unterbrechung der Kanäle, die das Wasser liefern. Im Sommer 2014 hat Donezk gehungert. Und die ukrainische Regierung, die noch die Grenzübergänge nach Russland kontrollierte, hat tagelang Spielchen gespielt und immer neue Anforderungen gefunden, obwohl sämtliche Lastwagen bereits kontrolliert worden waren. Und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat dazu brav geschwiegen.
Doch wir wollen ja nicht von der Vergangenheit reden, Frau Baerbock, sondern von der Gegenwart. Also wer soll das sein, der die besagte Hilfe liefern soll, wenn doch alle Organisationen, die in diesen Gebieten erfahren sind, die Kontakte haben, um zu wissen, was die Menschen am dringendsten brauchen, offenkundig nicht gemeint sind? Schließlich wird ihnen nach wie vor nicht nur die Gemeinnützigkeit aberkannt, sondern es werden auch reihenweise Konten gekündigt, sprich, genau diese Arbeit, nämlich die Lieferung humanitärer Hilfe in diese Gebiete, nach Strich und Faden erschwert.
Nein, die "internationalen Akteure", die sie meint, haben wahrscheinlich ganz groß EU oder USA vorne dran stehen, wenn nicht gar die Lieferung der milden Gaben gleich mit einem Eid auf Bandera verbunden wird. Das wird nichts, Frau Baerbock. Weil die Menschen im Donbass, die Sie ja wohl insbesondere meinen, schon vor zehn Jahren mit großer Mehrheit gegen diese heutige Ukraine gestimmt haben, gegen den Kult von Bandera, und nach zehn Jahren unter ukrainischen Granaten bestimmt nicht versessen darauf sind, einen Kotau vor ihren Gegnern oder deren Freunden zu machen, die die Geschosse liefern, die dort in Supermärkte und Schulen einschlagen.
Wäre es Ihnen ernst damit, Frau Baerbock, ich vermittle Ihnen gerne den Kontakt zu den Leuten, die dort tatsächlich Hilfe leisten. Dann müssen Sie nur noch einen Weg finden, das Geld der Bundesregierung an den EU-Sanktionen vorbeizuschleusen. Na, das Personal des Auswärtigen Amtes wird schon wissen, wie man die eine oder andere Million im Diplomatengepäck transportiert, geht bei den ganzen NGOs ja auch nicht anders. Sie bekommen dafür auch eine ordentliche Abrechnung, nach den Regeln der deutschen Buchführung.
Ich muss Sie nur warnen – nachdem jüngst der Bundesjustizminister Marco Buschmann den besonders intelligenten Schritt unternommen hat, die Volksrepubliken Donezk und Lugansk zu terroristischen Vereinigungen zu erklären, und zwar nicht einzelne Einheiten der früheren Volksmiliz, sondern gewissermaßen die gesamte Verwaltung plus Bevölkerung vom Säugling bis zum Greis, und die Integration dieser Gebiete in die Russische Föderation von Ihnen ebenfalls nicht anerkannt wird, könnte das eine kleine juristische Kollision mit sich bringen, durch die am Ende die Lieferung von Babynahrung und Dachziegeln als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verfolgt wird. Nun, ich habe nicht gesagt, dass Ihre Kollegen intelligenter sind als Sie, Frau Baerbock.
Ach übrigens, der Baumarkt, der in Charkow getroffen wurde, über den gibt es ein Video. Die Knaller, die da immer wieder zu hören sind, stammen eher nicht von explodierenden Lackdosen. Eher von explodierender Munition. Aber ich will Sie ja nicht überfordern.
Schweifen wir nicht ab. Ich würde sagen, eine Frau, ein Wort, oder? Wenn Sie lieb fragen, darf sicher auch ab und zu mal ein Botschaftsvertreter einen Transport begleiten und bei der Verteilung von Hilfsgütern dabei sein. Schon klar, die 60 Millionen transportiert man nicht auf einmal, nicht einmal im Diplomatengepäck. Aber damit würden Sie tatsächlich ausnahmsweise etwas für das deutsche Ansehen tun, das ist doch eine schöne Abwechslung. Vor allem, wenn man sonst vor allem daran arbeitet, dass das Leiden weitergeht. Mit Waffenlieferungen, und mit einer Außenpolitik, die sicher weder den deutschen noch den ukrainischen Interessen dient.
Wie auch immer. Es gibt ja das Sprichwort von der Taube und dem Spatz, und solange nicht zu erwarten ist, dass die Kriegslüsternheit in Bundesregierung und Parlament zurückgeht, ist der Spatz willkommen. Die 60 Millionen kriegen wir schon unter. Wir könnten ja mal mit einer halben Million für Gorlowka anfangen, eine Stadt, die besonders schlimm gelitten hat. Den Bürgermeister könnten sie sogar auf X finden.
Nein, natürlich hat sie es so nicht gemeint. Würde ja auch nicht zu den Milliarden passen, mit denen man die ukrainische Armee am Leben hält. Ab und zu mal flackert sie nur doch noch auf, die Hoffnung, dass nicht gar so dreist gelogen würde, oder dass irgendwie eine Einsicht stattfände. Aber das Bundesplappermäulchen ist selbst dafür die falsche Adresse.
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Quelle:
"Wenn Unrecht Gesetz wird,wird Rebellion Pflicht."
Der Klartexter
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