19.06.2024, 05:58
Wider die Natur und wider die Gesundheit – WEF fordert mehr industrielle Nahrungsmittelproduktion
19 Juni 2024
Wir benötigen eine umfassende "Ernährungswende", fordert das WEF. Die Ernährung müsse zum Wohle des Planeten auf Fabrikproduktion umgestellt werden. Natur, biologische Systeme und Gesundheit funktionierten nicht wie eine Maschine, kritisiert die Organisation "Navdanya" die Pläne der Industrie.
Käferlarvenproduktion im Unternehmen INOVA Protein, Rostock, 21. September 2021 - Quelle: © Bernd Wüstneck / dpa
Von Felicitas Rabe
Zur Rettung des Klimas müssten die Staaten dafür sorgen, dass traditionelle, tierische Lebensmittel wie Fleisch und Milchprodukte durch "alternative Produkte" ersetzt würden, fordert das Weltwirtschaftsforum.
Laut neuer WEF-Forderungen sollten tierische Lebensmittel stetig durch Fabrikerzeugnisse auf Insektenbasis ersetzt werden. Die Organisation der 1000 größten Konzerne und NGOs der Milliardäre fordere eine Ernährungswende, Peter F. Mayer auf dem Nachrichtenportal tkp am Dienstag.
Dazu das WEF am 13. Juni die Publikation "Die Zukunft ernähren: Warum Renovierung und Neuerfindung der Schlüssel zur Rettung unseres Ernährungssystems sind". Darin erklärt das Weltwirtschaftsforum, Umfang und Ausmaß der Ernährungswende entsprächen dem Ausmaß der Änderungen, die die Energiewende mit sich gebracht habe. So wie die Industrie sich immer mehr auf die Nutzung neuer Energiequellen einstellen müsse, müssten auch die Verbraucher ihre Ernährungsgewohnheiten ändern.
"Die Umstellung der Nahrungsmittelindustrie ist ein ähnlich umfassender Prozess, der zwei verschiedene Phasen des Wandels umfasst: Renovation und Reinvention.",
so das WEF.
Dabei beinhalte die sogenannte Reinvention "die umfassende Neuausrichtung der Nahrungsmittelproduktion in einer Weise, die die grundlegenden Strukturen der modernen Lebensmittelindustrie verändert."
Tkp fasst die Änderungsschritte zusammen, bei der das Ernährungssystem neu erfunden werde. Als Erstes wolle man unseren Lebensmitteln angeblich alle schädlichen Inhaltsstoffe entziehen, "einschließlich übermäßiger Mengen an Salz, Zucker, Fett und Zusatzstoffen. Schließlich würden im zweien Schritt diejenigen Nahrungsmittelkonzerne gelobt, die tierfreie Proteine produzierten, wie etwa Nestlé.
Als Beispiel sei an dieser Stelle die Ausweitung von Insektenzulassungen genannt. Die Kommission ließ zuletzt Ende 2023 ein viertes Insekts für die Lebensmittelproduktion zu, die Larve einer Unterart des Schwarzkäfers, den sogenannten kleinen Mehlwurm.
Das daraus gewonnene Nahrungsmittel bestehe "aus der gefrorenen, pastösen, getrockneten und pulverisierten Form" der Käferlarve. Laut EU-Kommission wird es als Lebensmittelzutat für die breite Bevölkerung vermarktet. Solche künstlich hergestellten Eiweiße seien dem WEF zufolge besonders nachhaltig und verringerten die klimaschädliche Gesamtauswirkung: "Diese nachhaltigen Ersatzprodukte für tierische Proteine spielen eine wichtige Rolle bei der Verringerung der Gesamtauswirkungen der Lebensmittelversorgungsketten und ermöglichen es uns gleichzeitig, die wachsende Nachfrage nach kostengünstigen, nährstoffreichen Lebensmitteln zu decken."
Und mittels künstlicher Intelligenz könnten wir die Ernährung nicht nur im Hinblick auf Klimawandel nachhaltig gestalten. KI könne für jeden Menschen ein nachhaltiges Ernährungsprogramm erstellen. Dazu würde sie nur Zugriff auf die jeweils individuellen Gesundheitsdaten und eine individuelle Genanalyse jedes Menschen benötigen. In der WEF-Publikation heißt es dazu:
"Durch Fortschritte in der Technologie wie KI und Datenanalyse könnten Diäten erstellt werden, die auf die genetische Veranlagung, den Lebensstil und die gesundheitlichen Ziele des Einzelnen abgestimmt sind."
Dagegen warnt die internationale Umweltorganisation "Navdanya" seit langem vor einer Ausweitung industrieller Nahrungsmittelproduktion: Im Dezember 2023 sie einen Beitrag, in dem sie sowohl den ökologischen, als auch den gesundheitlichen WEF-Versprechen widerspricht. Den Betreibern industrialisierter Nahrungsmittelproduktionen ginge es mehr um den Profit als um Ökologie und Gesundheit. Navdanya schreibt: "Heute ist der Großteil des industrialisierten und globalisierten Nahrungsmittelwesens in den Händen einiger weniger Unternehmen konzentriert. Fünf agrochemische Unternehmen halten ein 55-prozentiges Monopol über den 61,5 Milliarden US-Dollar schweren Weltmarkt für Saatgut."
Genau diese Konzerne ständen aktuell hinter dem Vorstoß für synthetische und im Labor hergestellte Lebensmittel: Giganten der Fleischindustrie wie Tyson Foods, JBS, Cargill, Nestlé und Maple Leaf Foods investierten (bis Ende 2023) bis zu 2,78 Milliarden Dollar in diesen neuen Sektor. Synthetische und im Labor gezüchtete Lebensmittel würden schnell zu einem weiteren Mittel, um noch mehr Macht und Profit in den Händen einiger weniger Lebensmittelgiganten zu konsolidieren. Die derzeitigen industriellen Praktiken zerstörten die Ökosysteme der Erde. Weder der Planet Erde noch der Mensch funktioniere wie eine Maschine.
"Wenn man so tut, als wäre die Welt eine Maschine, untergräbt und zerstört man letztlich Lebensprozesse und biologische Systeme",
warnen die indische Umweltorganisation und ihre Vorsitzende Dr. Vandana Shiva.
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Der Klartexter
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