25.10.2023, 18:32
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.10.2023, 18:36 von Klartexter.)
AfD-Konferenz: Europäischer Kontinentalismus statt Transatlantismus
25. Oktober 2023
Was erlaubt sich die AfD? – So dürften manche Eurokraten in Brüssel und Berlin auf die Konferenz zum Thema „Europäischer Kontinentalismus“ reagiert haben, die letzte Woche herausragende EU-Kritiker im Bundestag zusammenbrachte. Organisator Petr Bystron, der außenpolitische Sprecher der Partei, hat damit den Stein für ein Europa der Vaterländer ins Rollen gebracht.
Es ist schon ein starkes Stück: Anberaumt von der letzten und einzig verbliebenen Oppositionspartei im Bundestag saßen Mitte Oktober Referenten aus den USA, der Schweiz, Serbien und Österreich zusammen, um über eine Neuausrichtung der europäischen Sicherheits- und Wirtschaftsordnung zu diskutieren. Mit der heutigen EU gingen die Experten – darunter der serbische Politikwissenschaftler Dušan Dostanic, der Schweizer Oberstleutnant Ralph Bosshard, der US-Journalist Harley Schlanger sowie der Ökonom Christian Zeitz aus Österreich – hart ins Gericht.
Aus der jeweils eigenen Perspektive beleuchteten die versammelten Referenten die größten Mängel und Fehlentwicklungen der EU – eines globalistisch und zentralistisch operierenden Superstaats, der auf allen Ebenen versagt. Einig waren sich die Experten, dass die Brüsseler EU mittlerweile das genaue Gegenteil von dem repräsentiert, was einst ihr Gründungsauftrag war. Krieg statt Frieden, Armut und Deindustrialisierung statt Wohlstand und Wachstum, Sanktionen statt Kooperation, Aggression statt Diplomatie, etc. pp. „Wir wollen den Begriff Europäischer Kontinentalismus in allen Facetten diskutieren und einen neuen Entwurf für eine europäische politische Identität entwickeln“, gab Bystron in seiner Einleitung die Richtung vor.
Mit dem Begriff „Kontinentalismus“ können heute die Wenigsten etwas anfangen. Ein Missstand, der behoben werden muss, denn Europa müsse endlich lernen, seinen eigenen Weg und seine eigene Identität zu finden, so Bystron. Diese Identität müsse als „Gegenentwurf zum Transatlantismus“ der USA und zu dieser „Dugin’schen Vision eines Euro-Asiens“ verstanden und etabliert werden. Ganz zentral dabei: Die Rückbesinnung Europas auf die eigenen Wurzeln, die eigene Tradition und Kultur – nicht zuletzt auch in ökonomischer Hinsicht. Die nötige Abkoppelung von westlichen und östlichen Ideologien setze eben auch eine Abwendung von marktradikalem Kapitalismus und Sozialismus voraus.
Goodbye, großer Bruder!
Der Referent Harley Schlanger, Vorstandsmitglied des Schiller-Instituts und renommierter Journalist aus Übersee, fasste die Stoßrichtung des Abends am treffendsten zusammen ( ): „Das Thema dieser Konferenz ist die Schaffung eines Konsenses zur Umkehrung der Vorherrschaft der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs über die derzeitigen europäischen Institutionen, die EU und die NATO.“ Dass es diese Vorherrschaft gibt und diese nach wie vor die Geschicke unseres Kontinents bestimmt, gilt für Mainstream-Journalisten und Altparteien geradezu als Verschwörungstheorie. Schlanger sticht mit seinen Ausführungen in ein Wespennest: „Die EU und die NATO sind zu Vasallen geworden, die von den Anglo-Amerikanern kontrolliert werden“, sagt er – ohne mit der Wimper zu zucken.
Als Beleg für diese Darstellung verweist er auf die Ergebnisse des G7-Gipfels vom 19. bis 21. Mai in Hiroshima, auf dem „keine Gegenstimmen gegen die Aussicht eines permanenten Krieges zwischen der NATO und Russland in der Ukraine erhoben wurde“. Mit anderen Worten: Die USA haben ihren Willen bekommen – und kein anderes westliches Land hatte den Mut, Nein zu sagen. Für Schlanger bedeutet diese Entwicklung nichts weniger, als dass „wir uns rasch auf die Aussicht eines möglichen Dritten Weltkriegs zubewegen“.
Mit Blick auf die Situation in der Ukraine nimmt Schlanger erneut kein Blatt vor den Mund: „Die Völker Europas wurden dazu verpflichtet, ein undemokratisches Regime in der Ukraine zu unterstützen.“ Nicht die eigenen nationalen oder kontinentalen Interessen spielten bei dieser Entscheidung die tragende Rolle, sondern die geopolitischen Wünsche und Ambitionen der einzig verblieben Weltmacht. Dass es sich beim Ukraine-Abenteuer um die Fortführung US-amerikanischer Geostrategie handele, liege auf der Hand. Mit Freiheit und Demokratie habe das alles nichts zu tun.
„Diese unipolare Weltordnung, die von US-Außenminister Blinken oft als ‚regelbasierte Ordnung‘ bezeichnet wird, existiert außerhalb des internationalen Rechts und der Verträge“, so Schlanger. „Sie ist die neueste Version eines imperialen Systems, das die Beziehungen zwischen den Vasallenstaaten im Namen einer globalen Oligarchie von ineinandergreifenden Unternehmenskartellen – insbesondere im Finanzsektor und im sogenannten militärisch-industriellen-Komplex – kontrolliert.“ Deutlicher kann man die monolithische Machtpolitik der USA und den Einfluss der globalistischen Strippenzieher kaum entlarven. Doch Schlanger geht noch weiter: „Dieses System wendet sich offen gegen die souveränen Rechte der Nationen und fordert stattdessen den Beitritt zu einem System, von dem supranationale Kartelle mit sich in der Londoner City und der Wall Street profitieren.“
Gehorsam oder Gewalt
Dass die USA bei der Durchsetzung ihrer globalen Machtinteressen kein pardon kennen, ist hinlänglich bekannt. Schlanger erklärt: Bis heute wird „jede Nation, die sich weigerte, sich dieser ‚regelbasierten Ordnung‘ zu unterwerfen, für einen Umsturz ins Visier genommen, wobei Farbrevolutionen, Ermordungen und Kriege die wichtigsten Mittel zur Durchsetzung waren. Der Irak und Gaddafis Libyen waren die besten Beispiele.“ Dass die EU bei all dem mitmacht, hat laut Schlanger eine besondere Tragik, denn genau von „dieser Idee einer Weltordnung hat Charles de Gaulle seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges (…) immer wieder gewarnt“. Wörtlich habe de Gaulle erklärt: „Ein supranationales Europa würde zu einem Europa ‚unter amerikanischem Kommando‘ werden.“ Genau das sei heute Tatsache.
Wäre man der Vision de Gaulles gefolgt, wäre wohl auch der Ukraine-Krieg ausgeblieben. „Was die Beziehungen zu Russland – damals Sowjet-Union – betrifft, war er der Meinung, dass Russlands Platz in Europa ist“, so Schlanger weiter. Das Interesse de Gaulles lag, ganz im Gegensatz zu heute, immer darin, eine „Zusammenarbeit souveräner Staaten“ zu ermöglichen. Deshalb wendete er sich strikt gegen die „Unterwerfung unter anglo-amerikanische geopolitische Doktrinen“.
Die aktuellen Ereignisse im und um den Ukraine-Krieg zeigen, wie weit die EU bzw. die NATO von diesem Weg abgekommen sind. Verständlicherweise wecken die „Bilder von Deutschen Panzern, die die Ukraine durchqueren und auf Russen zielen“ bei den Russen „schreckliche Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg“. Wer will es ihnen verdenken? Mit Blick auf Deutschland legt Schlanger den Finger in die Wunde: „der Fall der von den USA gesteuerten Sabotage der NordStream-Pipelines und das Schweigen, das merkwürdige Schweigen der deutschen Regierung dazu“, sieht Schlanger als Beleg dafür, dass Deutschland – wie von AfD-Politikern und anderen Realisten immer wieder betont – „ein besetztes Land geblieben“ ist.
Ein gemeinsames Haus
Es hätte alles so schön sein können: Nach dem Kalten Krieg und dem Zusammenbruch der Sowjetunion gab es die Möglichkeit, ein „gemeinsames europäisches Haus“ mit Russland zu errichten, so Schlanger. Warum wurde diese Option in den Wind geschlagen? Schlanger kennt die Antwort: „Anstatt diese Gelegenheit zu nutzen, haben die NATO und die EU einen Marsch nach Osten unternommen bis an die Grenzen Russlands.“
Und weiter: „Das uneingeschränkte Engagement für die Ukraine als Rammbock in einem Stellvertreterkrieg gegen Russland zu nutzen, ist eine Fortsetzung der Strategie, die den Wunsch nach einem Regimewechsel in Moskau, der Zerschlagung Russlands und der Beschlagnahmung seiner reichhaltigen Vermögenswerte verfolgt, statt ein gemeinsames Ziel der europäischen Nationen zu definieren, das Russland als Partner einschließt.“
Der Möglichkeit eines neuen Europäischen Kontinentalismus sieht Schlanger optimistisch entgegen. Um sich „aus dem Würgegriff der EU zu befreien“, brauche es jetzt souveräne europäische Nationen, die gemeinsam den Weg eines neuen Multilateralismus einschlagen. Die Chancen stehen nicht ganz schlecht, dass Vertreter dieser Denkrichtung – in Deutschland angeführt von der AfD – nach der Europawahl Mitte 2024 zahlreich im EU-Parlament vertreten sein werden. Man darf also gespannt sein, wie die EU-Zentralisten, die sich bislang noch „unter sich“ fühlen konnten, auf den drohenden Gegenwind reagieren werden. Auch der Veranstalter der Konferenz, Petr Bystron, der im Bundestag immer wieder mit starken Redenbeiträgen für Furore gesorgt hat, wird aller Voraussicht nach ins EU-Parlament einziehen. Es bleibt also spannend.
Quelle:
"Wenn Unrecht Gesetz wird,wird Rebellion Pflicht."
Der Klartexter
Der Klartexter