16.01.2020, 21:33
Die „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD) ist eine sozialistische Kleinstpartei, die 1982 gegründet wurde und noch immer aktiv ist. Mit regelmäßigen Wahlergebnissen um die 0,1 Prozent sorgt die linksradikale Partei eher für Schmunzeln, als für den Erfolg linker Ideen. Die umstrittene Partei wird von Politikwissenschaftler Armin-Pfahl Traughber sogar als politische Sekte eingeordnet. Wir berichteten an anderer Stelle ausführlich über die MLPD, ihre Führungsriege und die unvorstellbaren Spendensummen, die von manchen Mitgliedern flossen.
Aktuell wird das „Urgestein“ MLPD von ebenfalls linksradikalen Akteuren angegriffen. Der Stein des Anstoßes war die Auseinandersetzung um die Fridays-for-Future-Demonstrationen in Stuttgart. Seit Beginn der FFF-Demos versucht die MLPD – wie auch viele andere linke Akteure – sich den Schülerauflauf zu Nutze zu machen. Man meldet eigene Demonstrationen an, versucht die jungen Umweltaktivisten auch vom Antifaschismus und insbesondere auch vom Antikapitalismus zu überzeugen. Wir berichteten bereits über die Strategien verschiedener linker Gruppen.
So ist der erste Vorwurf der „indymedia“-Neulinken gegenüber der MLPD ein heuchlerischer. Von Anfang an ist es das erklärte Ziel linksradikaler Gruppen, FFF zu unterwandern, die „Marxisten-Leninisten“ stehen in diesem Kontext nicht alleine da. Weiter werfen die „indymedia“-Nutzer, die den Bericht unter dem Namen „Einige MarxistInnen-LeninistInnen aus dem Ländle“ veröffentlicht haben, der MLPD vor, dass sie sich grundsätzlich unsolidarisch verhalte und sogar mit der Polizei kooperiere. Für die linksradikale Szene ein rotes Tuch. Was war passiert?
Linke Gewalt gegen Linke
Auf einer FFF-Kundgebung im März vergangenen Jahres in Stuttgart kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den jüngeren „Marxisten aus dem Ländle“ und der MLPD. Die Jüngeren besprühten ein Plakat der MLPD mit roter Farbe und zielten anschließend auf einen Demonstranten. Joachim Struzyna, so der Name des MLPD-Mitgliedes, wurde im Gesicht mit Farbe besprüht, musste rettungsdienstlich behandelt werden und wurde im nahegelegenen Krankenhaus medizinisch betreut.
Bei einem der beistehenden Pöbler – so berichtet die MLPD weiter, handle es sich um Christopher Piontek, der zur RAS gehöre und zugleich Geschäftsführer des „Lilo-Herrmann-Hauses“ in Stuttgart sei, eines der typischen linken Kulturzentrum, die auch mit der Antifa in Form des „OTKM“ kooperieren. Wir berichteten bereits über die Verstrickungen des Lilo-Herrmann-Hauses mit der linken Szene. 2017 wurde das Zentrum vom Landesverfassungsschutz beobachtet.
Die MLPD erstattete Anzeige wegen Körperverletzung und der Sprüher wurde festgenommen. Die Erklärung der alten Sozialisten: „Wer seine Gewaltexzesse und seine antikommunistischen Phantasien so brutal auslebt, der macht Drecksarbeit für die Reaktionäre. Der wird als Gegner behandelt, weil er sich so verhält. Das war ein bewusst (!) geplanter, vorsätzlicher und vorbereiteter Angriff.“
Zudem betont man, dass sich die Demoleitung aus den Reihen der „RAS“ (Revolutionäre Aktion Stuttgart) und des „OTKM“ (Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart) nicht solidarisch zeigte und die zugehörigen Ordner bewusst nicht eingriffen, um die Auseinandersetzung zu unterbinden.
Für die Leute aus dem Umfeld der „RAS“ und dem „OTKM“ ist dies trotzdem keine Begründung, mit der Polizei zusammenzuarbeiten: „Es braucht nicht viele Worte, um zu erklären was es heißt, diejenigen auf uns zu hetzen, deren Job es ist uns zu schikanieren, zu verprügeln, zu bespitzeln und überwachen, unsere Wohnungen zu durchsuchen, uns vor Gericht zu zerren und in Knäste zu stecken. Wer mit den Repressionsorganen dieses Staates gegen Linke zusammenarbeitet positioniert sich selbst auf der falschen Seite der Barrikade.“
Rojava-Frage
Offensichtlich schwelt der Streit schon länger zwischen den organisierten Altlinken der MLPD und den „antifaschistischen“ Neulinken aus dem Umfeld der RAS. Bei einer Kundgebung gegen den Einsatz türkischer Truppen in Rojava, ließ die MLPD Solidarität mit einer „Spontandemo“ vermissen. Das behaupten zumindest die RAS-nahen Autoren: „Eine Grenze überschritten die MLPD-RednerInnen, als sie sich am Samstag, den 19. Oktober von den Teilen der Proteste distanzierten, die sich nach der angemeldeten Demo selbstbestimmt die Straße nahmen und weiterzogen. Sie bezeichneten die zeitgleich wenige hundert Meter entfernt stattfindende Spontandemo gegenüber PassantInnen und den kleinen Resten der Demo, die sich nicht anschlossen, als „zerstörerisch und schädlich“ für die Bewegung.“
Zusammengefasst: Die MLPD hält sich an Gesetze und wird dadurch zur Zielscheibe der radikaleren Linken. Das Fazit der Neulinken: „Es wäre selbstzerstörerisch, unverantwortlich und gefährlich diese politische Gruppierung weiter in linken Zusammenhängen und auf linken Aktionen zu dulden.“
Schulterschluss zwischen Linksaußen und etablierten Strukturen?
Für die MLPD ist aber eindeutig, dass „wer sich wie ein Gegner verhält, auch wie ein Gegner behandelt wird“, so der Titel einer Erklärung der Landesleitung Baden-Württemberg. Am 19.11 forderte ein Vertreter der RAS – besagter Christopher Piontek –, dass die Zusammenarbeit mit der MLPD beendet werden müsse. In den vergangenen Jahren sei die Spaltung von Seiten des RAS ausgegangen, so die Alt-Marxisten weiter. Besonders interessant: Man wirft der RAS, einer linksradikal bis linksextremen Vereinigung vor, offen mit den Gewerkschaften zu kooperieren und Jobangebote und Posten der IG Metall zu übernehmen. Gleichzeitig beharre die IG Metall weiterhin auf dem Unvereinbarkeitsbeschluss mit der MLPD, die es Mitgliedern nicht ermöglicht, im Gewerkschaftsbund Mitglied zu werden. Dass es sich dabei nicht nur um leere Anschuldigungen der MLPD handelt, verdeutlicht, dass das „Offene Antifaschistische Treffen Rems-Murr“ seit geraumer Zeit in den Räumen der IG Metall tagt.
Die RAS und andere linksradikale Gruppierungen seien „ein Teil der Kräfte geworden, die versuchen, die wachsende Kritik am Kapitalismus in systemkonforme Bahnen zu lenken und die wachsende Offenheit für den Sozialismus zu zerstören“, schließt die MLPD ab.
Der Zwist zwischen den Linken ist in diesem Fall nicht theoretischer Natur, wie so häufig in den vergangenen Jahrzehnten, als man über die „korrekte“ Auslegung der marxistischen Lehre diskutierte, sondern rein agitatorischer Art. Wie wirbt man um die jungen Köpfe? Wer wirbt um die jungen Köpfe? Wie steht man zu Polizei und Gesetz? Und natürlich läuft die Bruchlinie auch zwischen einer wohlhabenden Kleinpartei und den Wald- und Wiesen-Antifas, die auf eher unsichere Staatsfinanzierung angewiesen sind.
Abschließend beschreibt ein Kommentator auf indymedia seine Sicht der Dinge: „MLPD und RAS sind beide scheiße! Beide Bewegungen schaden dem linken Spektrum!“
Die Gräben werden tiefer und die Risse wachsen in der angeblichen linken Einheitsfront.
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Quelle: https://www.blicknachlinks.org/altmarxis...gen-linke/
"Wenn Unrecht Gesetz wird,wird Rebellion Pflicht."
Der Klartexter
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