Es war einer der Skandale des Sommers 2020: Die Stadt Göttingen hatte die Bewohner eines von 700 Personen bewohnten Wohnblocks eingesperrt, ihn mit Bauzäunen abgeriegelt und von der Polizei bewachen lassen; all dies, weil 120 Bewohner positiv getestet worden waren.
Der Wohnblock an der Groner Landstraße wird vor allem von armen Familien bewohnt. Die Wohnungen mit 19 bis 39 Quadratmetern Größe dienen teils bis zu vierköpfigen Familien als Unterkunft. Das bedeutet auch, dass viele der damals Eingesperrten Kinder gewesen waren.
Die Stadt hatte das damals als "Quarantänemaßnahme" begründet. Die Bewohner hätten während ihrer unfreiwilligen Gefangenschaft mit allem Notwendigen versorgt werden sollen; dabei war es allerdings weitgehend bei der Ankündigung geblieben. Das hatte dann nach wenigen Tagen zu Zusammenstößen zwischen den Bewohnern und der Polizei geführt. Dabei war es zu einem "massiven Einsatz von Pfefferspray" gekommen (NDR).
Eine der damals betroffenen Familien hat gegen diese Maßnahme geklagt und nun Recht bekommen. Für eine derartige freiheitsentziehende Maßnahme hätte es einer richterlichen Anordnung bedurft. Auch andere Maßnahmen zur Durchsetzung einer Quarantäne wären ohne Beschluss eines Richters nicht zulässig gewesen.
Erst nach zwei negativen Tests in Folge durften damals die Bewohner das Gebäude verlassen. Die Entscheidung über die Umzäunung des Wohnblocks und die Festsetzung der Bewohner hatte damals der sozialdemokratische Bürgermeister Rolf-Georg Köhler getroffen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig; es könnte aber die Grundlage für Schadensersatzklagen liefern.
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