03.01.2020, 12:08
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03.01.2020, 12:10 von Klartexter.)
INTERVIEW
VON ALEXANDER WALLASCH
Mi, 1. Januar 2020
Rebecca Sommer ist in der Flüchtlingshilfe engagiert. Sie kritisiert die Migrationspolitik und lasche Haltung der Bundesregierung gegen den Islam. Ein Gespräch über Mädchen als Opfer, verlorene Freundschaften und die Menschen als Herdentiere.
Symbolbild Christopher Furlong/AFP/Getty Images
Sie gehört seit Jahren zu den engagiertesten Frauen wenn es darum geht in Deutschland vor dem Einfluss eines agressiven Islam zu warnen. Die Menschen- und Völkerrechtlerin Rebecca Sommer unterscheidet nicht zwischen Islam und politischen Islam. Damit eckt sie bei vielen an, die erschrecken, wenn eine Frau ausspricht, was lieber unausgesprochen bleiben soll. Die Anwürfe werden heftiger, der Umgang mit so gewichtigen Stimmen wird aggressiver. Wir sprechen über ihre Erlebnisse seit 2015 und darüber, was ihr Engagement für Land und Leute heute auch für private Kontakte bedeutet.
Alexander Wallasch (AW): Was war nach 2015 das Initial für Ihre politische Arbeit?
Rebecca Sommer (RS): Köln, ganz klar die Silvesternacht von Köln, die Massenbelästigungen und Vergewaltigungen auf der Domplatte durch hunderte Nordafrikaner. Das war für mich der Weckruf, weil ich da einfach gemerkt habe, dass ich von Menschenrecht und Völkerecht auch auf das Recht von uns Mädchen und Frauen zurückgehen muss, auf etwas übrigens, das ich mir nie hätte träumen lassen, dass ich dafür jemals in Deutschland oder Europa kämpfen müsste.
Damals dachte ich: Klar, es geht uns Frauen und Mädchen als allererstes an den Kragen. Und ich kann mir dieses erweiterte Menschen- und Völkerecht, für das ich mich bis dahin weltweit eingesetzt habe, ab sofort nicht mehr leisten, weil es uns tatsächlich, hier in Deutschland, an den Kragen geht. Der Grund, warum Köln das Initial war: Ich musste mir einfach eingestehen, auch in Anbetracht meiner Suche nach Wahrheit und meine Arbeit mit dem, was ich für mein Gerechtigkeitsgefühl halte, ich musste mir eingestehen, dass ich viele Geflüchtete und Migranten auch im Rahmen meiner Arbeit mit diesen Menschen kenne, von denen ich leider annehmen musste, dass die genau das in Köln gemacht haben beziehungsweise machen würden.
AW: Ist das nicht zunächst eine sehr feministische Betrachtung? Denn die aktuellen Nachrichten – beispielsweise der todgeprügelte Feuerwehrmann – berichten doch auch davon, dass deutsche Männer ebenso Opfer von Migrantenkriminalität werden.
RS: Frauen sind die ersten, die dran sind. Sie sind sexuelle Opfer, wenn diese Typen, die da übergriffig werden, aus Ländern kommen, die eine ganz andere Meinung davon haben, was die Stellung der Frau ist. Diese Männer waren in ihren Herkunftsländern die großen Prinzen. Und viele von denen haben tatsächlich das Gefühl, dass Europäerinnen nichts anderes sind, als zwei Beine mit etwas dazwischen. Ich klammere Männer da auch nicht aus, auch in den Reihen der europäischen Männer gibt es viele Verluste.
Rebecca Sommer mit dem früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen
Was wir ebenfalls erwähnen müssen: Die wenigen Frauen, die aus diesen Ländern hierher kommen, dürfen auf keinen Fall mit einem Nichtmuslim zusammenkommen. Die deutschen Männer sind hier zunächst tabu für diese Frauen. Das heißt, die Auswahl für Männer hier in Deutschland wird also hochgradig rassistisch oder diskriminatorisch bestimmt, wenn es da für eine bestimmte Gruppe Frauen heißt: Die darfst Du nicht haben, die sind für Muslime abgestellt. Während aber die muslimischen Männer, die afrikanischen, orientalischen beziehungsweise arabischen Männer Frauen aus westlichen Kulturen quasi als Spielwiese benutzen.
Ich bleibe also dabei, Frauen sind hier ganz deutlich die allerersten Opfer – übrigens auch deshalb, weil sie so großgezogen werden, von der Politik, den Medien und diesem „Multikulti“ mit seinem „Alle-Menschen-sind-gleich“-Mantra. Diesen Mädchen und jungen Frauen wird komplett verschwiegen, dass wir eben nicht alle gleich sind, wir sind unterschiedlich. Und diese Unterschiede sind hochbrandgefährlich für Frauen und junge Mädchen. Die aber werden dahin getrieben über Werbung über die Uni, Schule, über die Lehrer, über die Medien – ihnen wird sogar suggeriert, dass es chic und toll ist, sich mit solchen Typen umzugehen und/oder sich einzulassen.
AW: Aber werden Frauen von Ihnen da nicht auch zu dummen Objekten gemacht, wen Sie ihnen unterstellen dass sie es selbst nicht begreifen? Kann am Ende nicht jede Frau selbst entscheiden, auf was sie sich einlässt?
RS: Täuschen Sie sich mal nicht. Wenn dir tagein, tagaus eingetrichtert wird, dass eine Differenzierung und gewisse Vorsicht mit Männern aus einem konträren Kultur-Religionskreis etwas falsches, etwas ultraschlechtes und menschenfeindliches ist, dir suggeriert wird, indem du in der Werbung, Medien, Schule etcetera quasi damit bombardiert wirst, dass wir „alle gleich“ sind, dir permanent eingetrichtert wird, dass Migranten aus anderen Kontinenten und Kulturen so wir wir sind, dann wird dir dein gesunder Instinkt und Selbstschutz, deine gesunde Vorsicht aberzogen. Genau das passiert gerade mit uns Deutschen und Europäern. Das wird uns gerade ganz bewusst gesteuert angetan und das hat auch wieder seine Ursprünge in der UN.
AW: Jedenfalls kann Frau es doch bei uns selbst entscheiden, dafür leben wir ja in einem Rechtsstaat. Ich finde es gefährlicher - Sie sprachen es an – wenn der Staat wie in Köln versagt, wenn die Polizei dazu genötigt wird, Gefahrenlagen zu verschweigen über Tage hinweg.
RS: Nein, wir leben nicht mehr im selben Rechtsstaat, wie wir ihn von früher kennen.
AW: Erzählen Sie unseren Lesern bitte, wie es Ihnen persönlich in den Jahren seit 2015 ergangen ist, was diese politische Arbeit, die Sie eben kurz angerissen haben mit Ihnen und Ihren Umfeld macht. Sie kommen ja ursprünglich eher aus einer feministischen Ecke und …
RS: Nein, überhaupt nicht. Das habe ich ja schon ausgeführt, ich habe mich vor Köln kaum auf Frauenthemen konzentriert, im Gegenteil. Ich habe immer gedacht, wir sind alle nur Menschen. Es ging mir also um Menschen- und Völkerrechte. Und ich habe erst ab Köln gemerkt, dass ich mich wieder mehr den Frauenrechten widmen muss. Nie hätte ich gedacht, dass ich so etwas als westliche Frau in einem gleichberechtigten Europa werde wieder machen müssen: Zuallererst für die Rechte der Frauen kämpfen.
Ich wiederhole es, weil man es nicht oft genug wiederholen kann: Frauen und Mädchen sind die ersten Opfer einer Massenmigration, die uns aufgezwungen wird, wo es aber das Narrativ gibt, diese Männer seien alle integrierbar, wir seien alle gleich und so weiter. Angesichts der Ereignisse in Köln wurde mir auf erschreckende Weise klar, dass ich eben die vielen Flüchtlinge und Migranten, die ich schon begleitet habe seit 2011/2012, dass ich viel zu viele kenne hier in Berlin, die ganz genau in diese Ecke der tausend Männer von Köln passen, die da die Frauen angetatscht und teilweise sogar vergewaltigt haben sollen.
AW: Nun wurden dort zumindest gerichtlich keine Vergewaltigungen festgestellt beziehungsweise ein Fall, der als solche identifiziert wurde, wenn ich richtig informiert bin. Mich würde aber viel mehr interessieren, was diese 180-Gradwende mit Ihrer politischen Arbeit aber auch die Zusammenarbeit mit bisherigen politischen Weggefährten mit Ihnen gemacht hat. Was ist passiert seit dem, mit dem Sie vielleicht so gar nicht gerechnet hatten? Aber auch wichtig, was gab es für positive Erfahrungen?
RS: Vorab etwas, was mir ganz wichtig ist: Zum Einen, ich arbeite nicht politisch, wie Sie die ganze Zeit behaupten, sondern engagiere mich für das Menschen- und Völkerrecht. Zum Zweiten, ich habe keine Vorurteile gegen Ausländer oder gegen eine bestimmte Gruppe von Ausländern. Das wäre ja angesichts meiner Vita auch kaum möglich. Nein, ich habe mir ein Urteil gebildet. Vorurteil versus Urteil: Das ist ein großer Unterschied. Ich hatte eben keine Vorurteile, aber habe mir ein Urteil gebildet aufgrund meiner Beobachtungen und Erfahrungen. Schlussendlich begleitete ich 2015 schon vier Jahre, inzwischen sind es sogar schon acht Jahre – genau die Leute, über die wir hier reden, die, die hier Asyl beantragen. Das ist der konkrete Unterschied.
Viele Leute sind einfach nicht bereit, weil sie eben auch Menschenfreunde sind und in der Sache alles positiv sehen wollen, sind nicht bereit, anhand von Fakten und Erfahrungen ein neues Urteil zu fällen. Wer das aber verweigert, wer seine Verantwortung nicht mehr bereit ist anzunehmen, der gefährdet im Ernstfall eben viele andere Menschen.
AW: Aber kann man nicht auch positive Erfahrungen machen mit muslimischen Migranten und daraus etwas ableiten?
RS: Ich mache ganz oft positive Erfahrungen mit Migranten. Viele sind alte Freunde – manche übrigens kenne ich seit der Schulzeit, ach was, sogar seit dem Kindergarten – , die muslimischer, kurdischer, türkischer Herkunft sind. Die waren es übrigens auch, die mich immer gewarnt haben, wie viele von den ethnisch-tribal-patriachalisch sozialisierten Migranten so ticken, die ich schon damals in der täglichen Arbeit betreut habe. Ich habe diese Warnungen zunächst fast blauäugig und auch ein bisschen verwundert als Vorurteile gegen die eigenen Leute abgetan. Diese Menschen also waren für mich eine positive Erfahrung, weil sie versucht haben, mich zu warnen, auch wenn sie bei mir zunächst auf taube Ohren gestoßen sind.
AW: Was für Warnungen waren das denn konkret?
RS: Zunächst einmal eine Warnung vor dem Islam, dass das eben keine friedliche Religion ist und was das für uns Europäer und Deutsche bedeuten kann, dass das für uns und unsere Zivilisation, für unsere Gesellschaft, für unsere Lebensgemeinschaft gefährlich werden kann. Und konkrete Warnungen vor Menschen, die islamisch sozialisiert worden sind, dass das überhaupt nicht zu uns und unserer Lebensweise passt. Diese Freunde sprechen teilweise die Sprache der Neuangekommenen. Und sie haben hingehört, was da so erzählt wurde und mit welchen Vorstellungen diese Menschen nach Deutschland gekommen sind. Ich würde das viel zu friedlich sehen, war der Hauptvorwurf gegen mich, dass ich das alles zu naiv betrachten würde.
AW: Unterscheiden Sie zwischen islamisch und islamistisch?
RS: Nein, absolut nicht. Und ich verwehre mich auch der Bezeichnung „politischer Islam“. Das klinkt doch fast so, als wäre der Islam eventuell eine spirituelle schöne Geschichte. Der Islam an sich ist politisch und zieht sich in jeden Winkel deines Lebens als Muslim. Das fängt ja schon damit an, dass hier wirklich alles vorgeschrieben wird bis dahin, mit welchem Fuß man die Toilette zuerst betritt. Und bis hin, wie man etwas isst, sogar, wie man Sex hat.
AW: Aber war beziehungsweise ist das im Christentum nicht ganz ähnlich?
RS: Schon, aber wir haben die Aufklärung gehabt, wir sind hier weitestgehend säkularisiert. Wir haben doch eine völlig andere Entwicklung genommen. Ich bin der Meinung, auch wenn man das nicht sagen darf, dass Menschen aus dem afrikanisch-orientalischem Raum, wenn man die westlich Orientierten, wenn man die Gebildeten unter ihnen mal beiseite lässt, großteils eben über keine Bildung oder ein westliches Werteverständnis verfügen. Da kommen orthodox und traditionell geprägte, so lebende und denkende Menschen. Und diese Klientel bringt eins zu eins mit, was sie aus ihren Herkunftsländern kennen und auch für richtig empfinden und deshalb hier implementieren und uns aufdrücken wollen.
AW: Nun sagen aber Umfragen, dass nicht die Ärmsten kommen, sondern schon die, die es sich leisten können, zu reisen, Schlepper zu bezahlen und so weiter, weil sie in ihren Heimaten über eine gewisse höhere Stellung in der Gemeinschaft verfügt haben.
RS: Da sehe ich den Widerspruch nicht. Der größte Teil – so meine Erfahrung mit Hunderten von Menschen, die ich schon begleitet habe, und aus Gesprächen – ist orthodox-traditionell unterwegs. Das merkt man irgendwann einfach: Auch wenn die Leute moderat wirken, beispielsweise keine Bärte tragen, sogar Alkohol trinken und im Berufsleben stehen, bestellen sie sich trotzdem ihre Frau zum Heiraten und denken in Halal und Haram beziehungsweise stufen die Welt in Halal und Haram ein.
AW: Das führt mich zu der Frage, wie diese Gesprächspartner reagieren, wenn sie von Ihrer doch sehr kritischen Haltung zum Islam erfahren. Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?
RS: Tatsächlich haben das die Allermeisten auf dem Schirm, die ich jemals in der Flüchtlingshilfe begleitet habe und zum Teil immer noch begleite. Aber ich bilde mir ein, die spüren, dass ich ganz wahrhaftig bin mit dem, was ich zu sagen habe. Ich frage diese Männer und Frauen beispielsweise auch ganz direkt: Möchtest Du eine Frau in Deinem Land und mit Deiner kulturellen Sozialisation, die im knappen engen Minirock und mit heraushängenden Brüsten zum Beispiel in der Schule Deine Kinder erzieht? Nein, wollen die nicht, lautet die klare Antwort. Ja, antworte ich dann: Und genauso wenig will ich hier eine Lehrerin mit Kopftuch, die unserer Jugend im Grunde genommen sagt, in meiner Kultur hat sich die Frau dem Mann zu unterwerfen. Die dann eine Religiösität ausstrahlt, die überhaupt nicht unsere ist, die nicht zu uns passt. Und natürlich verstehen die Leute das, die kennen mich genau, da gibt es kaum Missverständnisse, die wissen, was ich geholfen habe, die wissen, was ich für sie alles schon gemacht habe. Natürlich ärgert es sie, aber sie wissen, dass ich Recht habe. Die verstehen nämlich sehr viel genauer als manche Deutsche selbst, was gemeint ist, wenn man sagt, dass das hier mein Land ist und meine Kultur und das man sagt: Ich möchte das so nicht.
AW: Wollen wir kurz noch die positiven Begegnungen zu Wort kommen lassen?
RS: Ok, zum Beispiel: Ich bin ja absolut gegen das Kopftuch. Und ich habe Freunde mit Kopftuch, denen ich über die langen Jahre geholfen habe als Flüchtlingsbegleiterin mit Familienzusammenführung und so weiter. Genau diese Debatte, die ich auch öffentlich führe, führe ich auch mit diesen Menschen. Und die verstehen ganz genau, wo ich stehe. Das empfinde ich als positive Begegnung.
AW: Und deutsche Landsleute? Wie steht es da mit den positiven Begegnungen? Wie sieht da das Fazit beispielsweise für 2019 aus? Was ist mit dem Graben, der durch die Gesellschaft geht?
RS: Klar, einige alte Freunde finden es richtiggehend beschissen, was ich denke und sage. Aber sie wissen warum, wissen, was ich alles schon für Flüchtlinge geleistet habe. Und ich kann mit ihnen trotz allem – auch wenn sie genervt erscheinen – noch diskutieren. Und das, obwohl einige nach der heutigen Begrifflichkeit ganz dolle links sind. Wir können dennoch weiter befreundet sein.
AW: Aber warum wollen Sie überhaupt noch mit denen befreundet sein? Hier ist ja zunächst nur die Frage geklärt, warum die eventuell noch mit Ihnen befreundet sein wollen.
RS: Weil wir uns schon seit so vielen Jahren kennen. Manchmal geht dann auch das eigentlich Unmögliche. Natürlich gibt es auch für mich Grenzen, beispielsweise wenn Leute angegriffen werden – keine Frage! Es ist doch trotz allem positiv, es zu schaffen, noch im Gespräch zu bleiben und an der Stelle das Gespräch dann doch zu beenden, wo der Streit ein Übermaß erreicht hat und eventuell Freundschaft gefährdet.
AW: Jetzt haben Sie in den letzten Jahren Leute kennengelernt, die so gar nicht Ihrem bisherigen politischen Spektrum entsprechen: Sie sind beispielsweise zusammengetroffen mit führenden Köpfen der Werte Union innerhalb der CDU, Sie sind zusammengetroffen mit verschiedenen Autoren, die eher den alternativen Medien zugehören, Sie haben Gesprächspartner gefunden, die nie im Leben eine Berührung mit einem linken Milieu hatten, Sie haben da neue Bekanntschaften und vielleicht auch Freundschaften gefunden, sind in den Dialog eingetreten. Was hat Sie da eigentlich am meisten überrascht, als Sie dieses quasi Neuland betreten haben?
RS: Hm, ich weiß gar nicht, ob ich da so große Freundschaften geschlossen habe. Da sind schon große Unterschiede spürbar.
AW: Also es gibt da eine Art polit-kulturellen Unterschied, der klare Hürden setzt?
RS: Ich bin nicht wirklich jemand, der so politische Begriffe benutzt, weil die für mich alle kaum noch Sinn machen. Mir sind Leute in Anzug, Schlips und Kragen eher fremd. Das ist einfach nicht so meins. Ich bin eher so die Flipflop-Tante, die selbst in der UN aussieht wie Lumpi, was eher dem linken Spektrum zugeordnet wird. Mein Gefühl sagt mir gerade, ich bin nirgendwo zu Hause, wenn es um ein Linksrechtsspektrum gehen soll. Ich muss da einfach selber meinen Weg bestimmen, wo es mir vor allem darum geht, Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu erreichen.
Ich möchte auch das uns zustehende Völkerrecht für uns hier. Ich habe nur den deutschen Pass. Das ist mein Land. Ich muss mir also auch meine eigene Heimat erhalten können. Ich möchte keine Heimat haben, wo ich auf der Straße gehe und mir irgendwelche Prinzen entgegenkommen und mir nicht ein stückweit aus dem Weg gehen und wo, wenn ich dann auch nicht weiche, ich riskiere, gleich aufs Maul zu bekommen. Das gehört nicht zu unserer Kultur und das wäre dann nicht mehr meine Heimat.
Im Moment trennt sich doch Folgendes: Da sind auf der einen Seite die, die Multikulti wollen, die quasi so etwas à la Amerika wollen. Aber die Bevölkerungsentwicklung in Amerika hat eine lange Geschichte und begann mit Besetzung, weil die Indigenen zuerst die Neuankömmlinge oftmals gastfreundlich empfingen und ihnen halfen, und einer darauf folgenden Zwangsbesiedelung. Wenn man uns in Deutschland nun Leute in wahrhaft unsäglichen Massen von der anderen Seite der Welt aufzwingt, die aber großteils überhaupt nicht zu uns passen, die sich auch überhaupt nicht anpassen wollen und mich und meine Leute obendrein noch bedrohen und meist nicht einmal grundsätzlich freundschaftlich uns gegenüber eingestellt sind, dann ist das so nicht zu akzeptieren und empörend.
Ich wiederhole aber noch einmal, um es unmissverständlich zu machen: Die Mehrheit der Leute, die hierher kommen, die ich über so viele Jahre von dreizehn Flüchtlingsheimen her und in endloser Begleitung kennengelernt habe, sind uns gegenüber nicht freundlich gesinnt. Sie schauen herrschaftlich hochnäsig und unsagbar selbstgefällig auf uns herab, auf die Männer als Waschlappen und die Frauen als Huren. Das ist einfach ein Fakt.
AW: Nun ist das noch kein Fakt im eigentlichen Sinne, sondern zunächst Ihre persönliche Erfahrung. Allerdings zeigt das Wahlverhalten der Türken in Deutschland, dass Ihre Einschätzung auch allgemeingültig sein könnte, wenn zwei Drittel dieser Klientel Erdogan ihre Stimme gegeben haben, dessen Politik schwer mit unseren Werten vereinbar ist oder jedenfalls eine Wahl ist, die kulturell befremdlich erscheint.
RS: Meine Migrantenfreunde sagen es mir regelmäßig klipp und klar: Jeder Muslim, er kann noch so moderat sein, wird als erstes einen Bruder wählen. Das heißt: Erdogan ist ein Bruder der Muslime. Und jeder, der Muslim ist, selbst wenn er noch so moderat wirkt, wird einen Muslim wählen, wenn einer zur Wahl steht.
AW: Na ja, bei der Wahl in der Türkei standen ja fast ausschließlich Muslime zur Wahl. Was Sie sagen, bezieht sich wohl eher prognostisch auf zukünftiges Wahlverhalten in Europa. Aber das führt vielleicht zu weit, ich würde viel lieber einmal zu den persönlichen Enttäuschungen in 2019 kommen, zur Frage, welche Erfahrungen Sie gemacht haben in Ihrer politischen Arbeit, die Sie so negativ nicht erwartet hätten. Mich würde beispielsweise interessieren, ob Sie, als Köln für Sie zum Initial wurde, als Sie eine 180-Grad-Wende vorgenommen haben, schon befürchteten, dass bestehende Freundschaften von da an gefährdet sei könnten.
RS: Also zunächst einmal verwehre ich mich gegen den Begriff „180-Grad-Wende“, was ja immer wieder einmal über mich gesagt wird. Allerdings stimmt das gar nicht, denn ich bin noch dieselbe, ich bin immer noch Flüchtlingsbegleiterin, ich begleitete viele Islamopfer, sowohl Männer als auch Frauen. Ich begleitete tatsächlich Menschen, die aus ihren Ländern flüchten mussten, eben weil diese Länder so islamisch geprägt sind. Menschen, die dort keine Chance haben in einer guten und fairen Art und Weise zu leben. Da sind Menschen darunter, die ich betreue, die Atheisten sind, deren Asylantrag hier abgelehnt wurde, da sind Frauen darunter, die genitalverstümmelt wurden und nicht einmal normal pinkeln können, zwangsverheiratet wurden, die von ihren Ehemännern hierher mitgebracht wurden, sich getrennt haben, die akut von so genannten Ehrenmorden bedroht sind, deren Kinder entführt wurden – ich mache ja weiter mit meiner rein ehrenamtlichen nichtinstitutionalisierten Arbeit. Ich habe keine 180-Grad-Wende vollführt. Ich habe einfach nur die Summe meiner Erfahrungen nicht nur von mir, sondern auch die meiner Ehrenamtsgruppe die ich ja nach wie vor leite, zusammengefasst. Es sind also nicht nur meine Erfahrungen, sondern es sind die Erfahrungen von ganz vielen Ehrenamtlichen, die mich natürlich anrufen, wenn sie, wie tatsächlich einer Helferin passiert, an den Haaren ins Klo gezerrt und fast vergewaltigt wurde.
AW: Aber ganz gleich ob nun 180, 90 oder nur 30 Grad, Sie nehmen heute eine Haltung ein, die der entgegengesetzt ist, der Sie sich ja selbst zuvor zugeordnet haben. Was ist da passiert?
RS: Ich versuche natürlich auf Basis der gesammelten Erfahrungen aufzuklären. Und das mache ich auch im Freundeskreis bis heute. Am Anfang hätte ich im Leben nicht gedacht, das meine echten Erlebnisse und Beobachtungen dazu führen könnten, dass Leute einfach nur, weil es ihnen nicht passt, was ich da berichte, mich dann als Person ablehnen. Über die Zeit ist es einigen meiner Freunde zu viel geworden, dass ich in den Medien, in Seminaren und Diskussionen, dass ich mit meiner Haltung Präsenz zeige. Warum? Weil sie a) Angst bekommen, durch den Kontakt mit mir gesellschaftliche Nachteile zu bekommen nach dem Motto: Haftung für den, den Du kennst. Und b) habe ich tatsächlich auch die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass langjährige Freunde, die mich wirklich gut kennen, die auch meine Ehrenamtsarbeit gut kennen, die auch mitbekommen haben, mit wie vielen Migranten ich zu tun habe, mit denen ich teilweise befreundet bin, die somit also auch bei mir zu Hause verkehren, dass langjährige Freunde es trotzdem nicht ertragen können, dass ich differenziere. Der Unterscheid ist doch, dass ich nicht pauschalisiere, ich nehme für mich in Anspruch, dass ich differenziere. Das soll aber wohl nicht sein. Man möchte im Gegenteil pauschal, dass Migration ein Gewinn ist. Unterschiedslos.
AW: Diese linksalternative Haltung, die Sie hier skizzieren, war ja früher eine Outsiderhaltung und ist über die letzten Jahrzehnte beispielsweise über die Etablierung der Grünen im Mainstream angekommen. Wenn nun Leute wie Sie davon wieder abrücken und damit diesen neuen etablierten Wohlfühlkosmos im Etablierten in Frage stellen, kann das Ängste auslösen. Sie lösen damit ja fast eine Verlustangst aus von etwas, von dem man möglicherweise lange nicht gedacht hätte, dass man es überhaupt erreichen kann: Die Etablierung im Mainstream oder bildhafter: Habeck als Kanzlerkandidat.
RS: Genau so ist es. Allerdings sagen mir diese ganzen politischen Begriffe dennoch wenig. Das ist nicht meine Welt. So sind Grüne für mich nicht grün, die sind gar nicht für die Umwelt, aber das wäre schon das nächste Thema. Ich finde auch die Linken überhaupt nicht links. Links ist doch etwas anderes als das, was heute dafür durchgeht. Und da, wo die Leute sagen, das ist rechts, sehe ich oft nichts Rechtes. Jedenfalls kann ich mit solchen Begriffen nichts anfangen. Ich verweigere mich diesen Sortierungen sogar, weil das nicht meine Sprache ist. Meine Sprache kommt aus meiner Erfahrungswelt, und was ich mitbekomme, prägt meine Sprache. Ich würde von mir behaupten, dass ich ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden habe und finde es schlimm und hochgradig ungerecht, was im Moment passiert, was mir passiert, was anderen passiert, was uns als Volk angetan wird, sogar als Staat.
AW: Was würden Sie denjenigen erwidern, die Ihnen unterstellen, Sie wollten mit Ihrer Haltung missionieren?
RS: Ich wiederhole es noch einmal: Ich habe keine Haltung, ich habe Erfahrungen. Und gleichzeitig habe ich auch Ahnung vom Menschen- und Völkerrecht. Es muss in der Waage sein. Bei uns ist es inzwischen total gekippt.
AW: Aber es gibt doch Leute, die sich genauso auf ihre Erfahrungen berufen, die aber ganz andere gemacht haben als Sie.
RS: Es geht um faktisch belegbare Erfahrungen. Und wer andere Erfahrungen ins Feld führt, der soll sagen, wo er diese gemacht hat, und den lade ich gerne ein, mich bei meiner Flüchtlingsarbeit zu begleiten, der soll mir dann einmal sagen, dass, was er sieht und dort erlebt, nicht real ist. Wenn Du mich mit einem Ehrenamtlichen zusammensetzt und der sagt: Och, ich habe ganz andere Erfahrungen gemacht. Dann werde ich diese Person gerne befragen, wo und unter welchen Bedingungen sie hilft. Und ich wette, dann relativiert sich einiges. Ich brauche dafür lediglich fünf Minuten mit diesen Leuten sprechen, dann weiß ich, was da eventuell los ist.
Oder kürzer: Ich weiß, dass meine Erfahrungen die Regel und nicht die Ausnahme sind. Deshalb übrigens meiden mich viele und wollen nicht mit mir debattieren. Wir hatten beispielsweise in Schwetzingen eine Veranstaltung, wo sich ein Pfarrer furchtbar aufgeregt hatte, wo unsere Veranstaltung sogar gestört wurde, wo der Pfarrer von ganz anderen Erfahrungen berichtete, er wäre auch Flüchtlingshelfer, da haben wir ihm angeboten, gerne mal eine Diskussion zusammen zu machen, um über positive und negative Erfahrungen zu sprechen. Aber solche Leute setzen sich nicht mit uns zusammen, weil sie wissen, dass wir wiederum wissen, worüber wir sprechen.
AW: Lassen Sie uns jetzt zum Jahresende bitte noch einmal von Ihrer Arbeit zurück ins Private kommen. Wir waren ja noch bei der Frage nach den persönlichen, nach den enttäuschenden Erfahrungen. Enttäuschen kann ja nur, was man nicht erwartet. Waren Sie zu blauäugig?
RS: Eine große Enttäuschung war, dass sich, als ich das erste Interview gegeben habe, dass sich meine beste syrische Freundin, die privat ja genau das selbe sagt, und einige meiner wirklich langjährigen Freude einfach abgewendet und auch auf Nachfrage meinerseits nicht zurückgemeldet haben. Anrufe, Emails, nichts. Und das, obwohl diese Freunde längst um meine Erfahrungen wussten – der Knackpunkt war, dass ich damit öffentlich geworden bin. Da haben die richtiggehend Schiss bekommen, mit mir in Zusammenhang gebracht zu werden, und sind dann mir gegenüber abgetaucht.
AW: Weil Sie plötzlich die Haltung der AfD vertreten haben?
RS: Nein, nicht wegen einer Haltung, ich verbitte mir sogar das Wort Haltung. Ich versuche darüber aufzuklären, was ich in der Summe von vielen Erlebnissen und Beobachtungen berichten kann.
AW: Aber was ist für Sie der Unterschied zwischen dem Resultat von Erfahrungen und einer Haltung? Eine Erfahrung muss doch automatisch zu einer Haltung führen, sonst macht die Erfahrung für sich doch gar keinen Sinn.
RS: Für mich bedeutet Haltung, sich etwas zu wünschen und es sich dann zurechtzubiegen. Heißt, du hast im Grunde genommen ein Vorurteil über eine Situation. Und die bewirkt, dass du eine Haltung dazu einnimmst ohne diese direkt belegen zu können oder mindestens eine Ahnung zu haben.
AW: OK, fragen wir noch mal anders: Sie haben sich positioniert nach Auswertung von Erfahrungen. Waren Sie zu blauäugig, was die Reaktion Ihrer Freunde angeht? Haben Sie mittlerweile eine Leidensfähigkeit aufgebaut?
RS: Ich glaube, ich habe einfach an die Kraft der Freundschaft und der Liebe zueinander geglaubt, anstatt das so einzuschätzen, dass das eventuell überhaupt gar keine Freundschaften waren, wenn alles nur dann gut und dufte ist, wenn man miteinander einer Meinung sein kann. Enttäuschend war, dass mit der konträren Meinung der ganze Mensch quasi weggedrückt wurde. Damit habe ich nicht gerechnet, weil meine Loyalität zu Freunden immer eine starke ist.
AW: Das ist doch interessant. Denn wenn es vorher keine Probleme gab mit unterschiedlichen Meinungen – deckungsgleich sind Meinungen ja selten – warum jetzt diese Entzweiungen? Warum sind unterschiedliche Meinungen auf einmal nicht mehr egal an diesem Punkt, wo es um Zuwanderung geht, um die Erfahrungen mit einem eingewanderten Islam und so weiter?
RS: Weil diese Bekannten und Freunde eine Mauer setzen zwischen „Wer ist gut?“ und „wer ist böse?“ Und man ist böse, wenn man Dinge sagt, die man angeblich nicht sagen, denken oder äußern darf. Und das Interessante ist, dass sich die Freunde, die sich selbstverständlich als „gut“ empfinden, allesamt nicht in der Flüchtlingshilfe tätig sind, sondern sich darüber lediglich etwas vorstellen, während ich aber weiterhin als Flüchtlingsbegleiterin tätig bin, also je eigentlich zu den Guten gehörten sollte. Nur ich differenziere und sehe Migration ultrakritisch beispielsweise auf Basis meines Wissens um die UN-Ziele und die dazugehörenden Dokumente der UN. Und gleichzeitig kommt meine Erfahrung dazu, dass man sehr wohl differenzieren muss, wer da kommt – so eine Differenzierung ist aber nicht gewünscht.
AW: Noch einmal: Das sagt ja erst einmal nur, dass man einen unterschiedlichen Standpunkt hat. Warum ist Ihrer Erfahrung nach genau dieser Standpunkt so erheblich, dass es darüber zu Brüchen von Freundschaften, zu Kontaktverweigerungen und schlussendlich sogar zu übler Nachrede kommen kann? Also zu etwas für Sie überraschendem? Warum entstehen seit Jahren diese Gräben und vertiefen sich noch? Und warum genau jetzt?
RS: Weil die Leute es nicht ertragen können, sich das anzuschauen. Sie können es nicht ertragen.
AW: Was „anzuschauen“?
RS: Das, was ich erzähle und berichte über Migranten, die aus religiös-patriachalisch-ethnisch-tribalen Strukturen beziehungsweise Kulturen kommen, und sogenannte Flüchtlinge, die keine sind.
AW: Aber warum ertragen sie es nicht? Dieses Thema wird doch auch medial viel gespielt. So kann man sich doch auch der negativen Erfahrungen mit Flüchtlingen kaum erwehren auch dann, wenn man selber noch gar keine gemacht hat. Kurz gesagt: Es verschwindet ja nicht komplett und tritt ausschließlich in den geäußerten und veröffentlichten Erfahrungen von Rebecca Sommer zu Tage.
RS: Wir haben doch in Deutschland eine klare Richtlinie, dass alles, was gegen Migration ist, Rassismus ist, Nazis ist, Rechts ist, böse und verdammenswert ist. Tatsächlich sind die meisten Leute Herdentiere, wenige haben wirklich Rückgrat. Die meisten Leute wollen sich einfach nur wohlfühlen und sind harmoniebedürftig. Auch müssten sie sich ja wirklich Sorgen machen, würden sie sich wirklich auf die Hiobsbotschaften einlassen. Die Wohlfühlblase darf also nicht platzen.
AW: Aber das ist dann neu, denn der Linke an sich war ja lange Zeit oder bisher kein Herdentier. Er war viel mehr Separatist. Alles was wir gemeinhin als links, als grün, als internationalistisch und so weiter bezeichnen, das war ja lange Zeit gepflegtes Outsiderleben. Die anderen waren ja immer der Mainstream.
RS: Ich war noch nie eine Internationalistin. Ich war immer schon für das Völkerrecht. Und für mich war der Mainstream schon immer links, ganz gleich, wo ich gearbeitet habe, ob in Deutschland, in Amerika, England oder sogar in Südamerika war das so, aber das kommt wohl auch durch meinen Beruf und mein Menschenrechtsengagement.
AW: In Deutschland ist das aber noch nicht so lange her. Man kann es sogar genau benennen mit der Zeit, als die Grünen Anfang der 1980er Jahre in den Bundestag einzogen. Und selbst da wurden sie ja noch hart bekämpft. Ich würde sagen bis 1985, 1990 war linksgrün nicht Mainstream, oder doch?
RS: Also in meinem Umfeld war es nie anders.
AW: Die Mehrheit war doch immer die konservative, die konservativ-liberale Familie. Heute würde man vielleicht sagen, nicht mehr das Hirschbild über dem Sofa, aber doch brav und einheitlich das Wohnzimmer von Ikea ausgestattet. Oder ist Ikea auch schon linkes Habitat? Also generell ist doch das Linke, das hier aus der 68er-Bewegung stammt, nicht Mainstream gewesen.
RS: Ich kann mit diesen Begriffen nichts anfangen, ich habe da eine ganz andere Erfahrungswelt. In meinem Umfeld sind ganz viele Leute, die haben Familien, oder wo die Frauen von drei verschiedenen Vätern Kinder haben, und die Väter wiederum drei verschiedene Kinder, und alle friedlich zusammensitzen und sich wie eine erweiterte Großfamilie unterstützen …
AW: Das ist interessant. Weil Sie hier Ihre eigenen Erfahrungen an erste Stelle stellen, so individuell diese auch sein mögen. In der Realität ist es doch ganz anders. Die Mehrheit der Deutschen lebt nicht in Patchworkfamilien. Hier nun aus Ihrer persönlichen Erfahrung Fakten zu setzen, wäre möglicherweise falsch. Nehmen wir einmal vegane und vegetarische Lebensweisen – die sind doch dermaßen überpräsent, dass man es für Mainstream halten könnte, dabei betrifft es keine zehn Prozent der Bevölkerung. Diese Überpräsenz war ja schon bei den 68ern so, die eine unglaubliche Wirkmacht hatten, aber die doch nur wenige waren.
RS: Ich sehe da keinen Widerspruch. Wieso kann man nicht links sein, wenn man Familie hat?
AW: Erzählen Sie bitte einmal, was diese Belastungen bis tief hinein in den Freundeskreis mit einem machen, wie fühlt sich das an? Wie geht man damit um?
RS: Keine Ahnung. Ich glaube, man muss sich weiter auf sich selber konzentrieren und weniger auf Leute verlassen.
AW: Neue Freundschaften mit neuen Leuten?
RS: Eher nicht. Ich glaube, wir sind im Moment in einer dermaßen vergifteten Zusammensetzung. Ich beobachte beispielsweise auch, dass Leuten aus dem Kreis der Islamkritik und der Kritik gegen die Migrationsschwemme erklärt wird: wir sind ein Einwanderungsland und Punkt und friss oder stirb. Also selbst in diesen Kreisen von Leuten, die eigentlich derselben Meinung sind wie ich beziehungsweise vergleichbare Beobachtungen gemacht haben oder dieselbe Expertise haben und dementsprechend agieren, nämlich versuchen aufzuklären, ist kaum Freundschaft möglich. Warum? Weil die Leute sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Also auch Freundschaften, die logisch wären, sind auch fast nicht möglich. Wir sind ja innerhalb der islamkritischen Szene auch untereinander total verstritten, leider. Die einen nennen es beispielsweise politischen Islam anstatt Islam, wohlwissend, dass sie uns allen damit keinen Gefallen tun, weil sie im Grunde genommen die Bevölkerung beruhigen, anstatt aufzuklären.
AW: Aber woran liegt das? Ist der Druck von außen zu groß, dass man innerlich so zu kochen beginnt?
RS: Tatsächlich ist der Druck von außen unheimlich groß. Auf jeden Fall. Aber ich glaube, es sind einfach auch viele Menschen dabei, die daraus wieder so ein Businessmodell machen: Bücher schreiben, Projekte machen und so weiter. Jeder versucht irgendwie, noch einmal so einen Fitzel von den Brotkrumen, die abfallen, zu erhaschen. Und je kritischer du bist, umso weniger ist da aus den öffentlichen Töpfen. Meine Arbeit ist ja komplett unbezahlt, ich mache das ehrenamtlich und aus Überzeugung. Ich möchte aufklären.
AW: Noch einmal zusammengefasst: Worum konkret geht es Ihnen? Kann man sagen, es geht Ihnen um Deutschland?
RS: Es geht mir um Menschenrecht in der Waage mit Völkerrecht. Indigene Völker haben mir etwas beigebracht: Landrecht ist heilig. Viele Völker haben nicht einmal einen Staat. Sie haben nicht die Möglichkeit sich selbst zu bestimmen, wie sie in die Zukunft gehen wollen.
AW: Nun wissen Sie selbst, dass die Idee Volk bezogen auf Deutsche auf eine Weise kontaminiert ist, die einzigartig auch in ihrem Grauen ist.
RS: Das stimmt natürlich. Das sehe ich auch so. Aber wir sind trotzdem ein Volk, das sich über viele, viele Generationen gebildet und entwickelt hat, das kannst du uns trotzdem nicht aberkennen.
AW: Was ist für Sie das typisch Deutsche? Was macht den Deutschen aus?
RS: Für mich ist typisch deutsch, dass ich als junges Mädchen nackend im Garten herumlaufen konnte und das sich darüber niemand beschwert hat oder mich niemand komisch angebaggert hat deswegen. Für mich ist deutsch, als ich aus New York zurückkam und ich alte Ehepaare im Park und in den Wäldern Hand in Hand spazieren gehen sah. Das ist sehr deutsch. Ich finde auch, dass die Deutschen unheimlich erduldend und gutmütig sind. Wir waren nie gut in Revolutionen. Was ich auch typisch deutsch finde, das wir unglaublich neugierig und freundlich anderen Kulturen gegenüber sind. Zu freundlich vielleicht.
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Rebecca Sommer koordiniert die von ihr gegründete „Initiative an der Basis.“ Hier wird denen ein Forum geboten , die sich ehrenamtlich oder beruflich in der Integrationsarbeit engagieren, aber nicht um den Preis, die auftretenden, teils massiven Probleme nicht mehr benennen zu dürfen.
Die Aktivistin war Zivilbevölkerungsvertreterin mit Fokus auf „Völkerrecht und Indigene Völker“ im beratenden Status zu den Vereinten Nationen, sie leitet seit 2012 die ehrenamtliche Unterstützungsgruppe für Flüchtlinge Arbeitsgruppe Flucht + Menschenrechte (AG F+M). Sommer ist Künstlerin, Fotografin und Filmemacherin
Quelle: https://www.tichyseinblick.de/meinungen/...en-kragen/
VON ALEXANDER WALLASCH
Mi, 1. Januar 2020
Rebecca Sommer ist in der Flüchtlingshilfe engagiert. Sie kritisiert die Migrationspolitik und lasche Haltung der Bundesregierung gegen den Islam. Ein Gespräch über Mädchen als Opfer, verlorene Freundschaften und die Menschen als Herdentiere.
Symbolbild Christopher Furlong/AFP/Getty Images
Sie gehört seit Jahren zu den engagiertesten Frauen wenn es darum geht in Deutschland vor dem Einfluss eines agressiven Islam zu warnen. Die Menschen- und Völkerrechtlerin Rebecca Sommer unterscheidet nicht zwischen Islam und politischen Islam. Damit eckt sie bei vielen an, die erschrecken, wenn eine Frau ausspricht, was lieber unausgesprochen bleiben soll. Die Anwürfe werden heftiger, der Umgang mit so gewichtigen Stimmen wird aggressiver. Wir sprechen über ihre Erlebnisse seit 2015 und darüber, was ihr Engagement für Land und Leute heute auch für private Kontakte bedeutet.
Alexander Wallasch (AW): Was war nach 2015 das Initial für Ihre politische Arbeit?
Rebecca Sommer (RS): Köln, ganz klar die Silvesternacht von Köln, die Massenbelästigungen und Vergewaltigungen auf der Domplatte durch hunderte Nordafrikaner. Das war für mich der Weckruf, weil ich da einfach gemerkt habe, dass ich von Menschenrecht und Völkerecht auch auf das Recht von uns Mädchen und Frauen zurückgehen muss, auf etwas übrigens, das ich mir nie hätte träumen lassen, dass ich dafür jemals in Deutschland oder Europa kämpfen müsste.
Damals dachte ich: Klar, es geht uns Frauen und Mädchen als allererstes an den Kragen. Und ich kann mir dieses erweiterte Menschen- und Völkerecht, für das ich mich bis dahin weltweit eingesetzt habe, ab sofort nicht mehr leisten, weil es uns tatsächlich, hier in Deutschland, an den Kragen geht. Der Grund, warum Köln das Initial war: Ich musste mir einfach eingestehen, auch in Anbetracht meiner Suche nach Wahrheit und meine Arbeit mit dem, was ich für mein Gerechtigkeitsgefühl halte, ich musste mir eingestehen, dass ich viele Geflüchtete und Migranten auch im Rahmen meiner Arbeit mit diesen Menschen kenne, von denen ich leider annehmen musste, dass die genau das in Köln gemacht haben beziehungsweise machen würden.
AW: Ist das nicht zunächst eine sehr feministische Betrachtung? Denn die aktuellen Nachrichten – beispielsweise der todgeprügelte Feuerwehrmann – berichten doch auch davon, dass deutsche Männer ebenso Opfer von Migrantenkriminalität werden.
RS: Frauen sind die ersten, die dran sind. Sie sind sexuelle Opfer, wenn diese Typen, die da übergriffig werden, aus Ländern kommen, die eine ganz andere Meinung davon haben, was die Stellung der Frau ist. Diese Männer waren in ihren Herkunftsländern die großen Prinzen. Und viele von denen haben tatsächlich das Gefühl, dass Europäerinnen nichts anderes sind, als zwei Beine mit etwas dazwischen. Ich klammere Männer da auch nicht aus, auch in den Reihen der europäischen Männer gibt es viele Verluste.
Rebecca Sommer mit dem früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen
Was wir ebenfalls erwähnen müssen: Die wenigen Frauen, die aus diesen Ländern hierher kommen, dürfen auf keinen Fall mit einem Nichtmuslim zusammenkommen. Die deutschen Männer sind hier zunächst tabu für diese Frauen. Das heißt, die Auswahl für Männer hier in Deutschland wird also hochgradig rassistisch oder diskriminatorisch bestimmt, wenn es da für eine bestimmte Gruppe Frauen heißt: Die darfst Du nicht haben, die sind für Muslime abgestellt. Während aber die muslimischen Männer, die afrikanischen, orientalischen beziehungsweise arabischen Männer Frauen aus westlichen Kulturen quasi als Spielwiese benutzen.
Ich bleibe also dabei, Frauen sind hier ganz deutlich die allerersten Opfer – übrigens auch deshalb, weil sie so großgezogen werden, von der Politik, den Medien und diesem „Multikulti“ mit seinem „Alle-Menschen-sind-gleich“-Mantra. Diesen Mädchen und jungen Frauen wird komplett verschwiegen, dass wir eben nicht alle gleich sind, wir sind unterschiedlich. Und diese Unterschiede sind hochbrandgefährlich für Frauen und junge Mädchen. Die aber werden dahin getrieben über Werbung über die Uni, Schule, über die Lehrer, über die Medien – ihnen wird sogar suggeriert, dass es chic und toll ist, sich mit solchen Typen umzugehen und/oder sich einzulassen.
AW: Aber werden Frauen von Ihnen da nicht auch zu dummen Objekten gemacht, wen Sie ihnen unterstellen dass sie es selbst nicht begreifen? Kann am Ende nicht jede Frau selbst entscheiden, auf was sie sich einlässt?
RS: Täuschen Sie sich mal nicht. Wenn dir tagein, tagaus eingetrichtert wird, dass eine Differenzierung und gewisse Vorsicht mit Männern aus einem konträren Kultur-Religionskreis etwas falsches, etwas ultraschlechtes und menschenfeindliches ist, dir suggeriert wird, indem du in der Werbung, Medien, Schule etcetera quasi damit bombardiert wirst, dass wir „alle gleich“ sind, dir permanent eingetrichtert wird, dass Migranten aus anderen Kontinenten und Kulturen so wir wir sind, dann wird dir dein gesunder Instinkt und Selbstschutz, deine gesunde Vorsicht aberzogen. Genau das passiert gerade mit uns Deutschen und Europäern. Das wird uns gerade ganz bewusst gesteuert angetan und das hat auch wieder seine Ursprünge in der UN.
AW: Jedenfalls kann Frau es doch bei uns selbst entscheiden, dafür leben wir ja in einem Rechtsstaat. Ich finde es gefährlicher - Sie sprachen es an – wenn der Staat wie in Köln versagt, wenn die Polizei dazu genötigt wird, Gefahrenlagen zu verschweigen über Tage hinweg.
RS: Nein, wir leben nicht mehr im selben Rechtsstaat, wie wir ihn von früher kennen.
AW: Erzählen Sie unseren Lesern bitte, wie es Ihnen persönlich in den Jahren seit 2015 ergangen ist, was diese politische Arbeit, die Sie eben kurz angerissen haben mit Ihnen und Ihren Umfeld macht. Sie kommen ja ursprünglich eher aus einer feministischen Ecke und …
RS: Nein, überhaupt nicht. Das habe ich ja schon ausgeführt, ich habe mich vor Köln kaum auf Frauenthemen konzentriert, im Gegenteil. Ich habe immer gedacht, wir sind alle nur Menschen. Es ging mir also um Menschen- und Völkerrechte. Und ich habe erst ab Köln gemerkt, dass ich mich wieder mehr den Frauenrechten widmen muss. Nie hätte ich gedacht, dass ich so etwas als westliche Frau in einem gleichberechtigten Europa werde wieder machen müssen: Zuallererst für die Rechte der Frauen kämpfen.
Ich wiederhole es, weil man es nicht oft genug wiederholen kann: Frauen und Mädchen sind die ersten Opfer einer Massenmigration, die uns aufgezwungen wird, wo es aber das Narrativ gibt, diese Männer seien alle integrierbar, wir seien alle gleich und so weiter. Angesichts der Ereignisse in Köln wurde mir auf erschreckende Weise klar, dass ich eben die vielen Flüchtlinge und Migranten, die ich schon begleitet habe seit 2011/2012, dass ich viel zu viele kenne hier in Berlin, die ganz genau in diese Ecke der tausend Männer von Köln passen, die da die Frauen angetatscht und teilweise sogar vergewaltigt haben sollen.
AW: Nun wurden dort zumindest gerichtlich keine Vergewaltigungen festgestellt beziehungsweise ein Fall, der als solche identifiziert wurde, wenn ich richtig informiert bin. Mich würde aber viel mehr interessieren, was diese 180-Gradwende mit Ihrer politischen Arbeit aber auch die Zusammenarbeit mit bisherigen politischen Weggefährten mit Ihnen gemacht hat. Was ist passiert seit dem, mit dem Sie vielleicht so gar nicht gerechnet hatten? Aber auch wichtig, was gab es für positive Erfahrungen?
RS: Vorab etwas, was mir ganz wichtig ist: Zum Einen, ich arbeite nicht politisch, wie Sie die ganze Zeit behaupten, sondern engagiere mich für das Menschen- und Völkerrecht. Zum Zweiten, ich habe keine Vorurteile gegen Ausländer oder gegen eine bestimmte Gruppe von Ausländern. Das wäre ja angesichts meiner Vita auch kaum möglich. Nein, ich habe mir ein Urteil gebildet. Vorurteil versus Urteil: Das ist ein großer Unterschied. Ich hatte eben keine Vorurteile, aber habe mir ein Urteil gebildet aufgrund meiner Beobachtungen und Erfahrungen. Schlussendlich begleitete ich 2015 schon vier Jahre, inzwischen sind es sogar schon acht Jahre – genau die Leute, über die wir hier reden, die, die hier Asyl beantragen. Das ist der konkrete Unterschied.
Viele Leute sind einfach nicht bereit, weil sie eben auch Menschenfreunde sind und in der Sache alles positiv sehen wollen, sind nicht bereit, anhand von Fakten und Erfahrungen ein neues Urteil zu fällen. Wer das aber verweigert, wer seine Verantwortung nicht mehr bereit ist anzunehmen, der gefährdet im Ernstfall eben viele andere Menschen.
AW: Aber kann man nicht auch positive Erfahrungen machen mit muslimischen Migranten und daraus etwas ableiten?
RS: Ich mache ganz oft positive Erfahrungen mit Migranten. Viele sind alte Freunde – manche übrigens kenne ich seit der Schulzeit, ach was, sogar seit dem Kindergarten – , die muslimischer, kurdischer, türkischer Herkunft sind. Die waren es übrigens auch, die mich immer gewarnt haben, wie viele von den ethnisch-tribal-patriachalisch sozialisierten Migranten so ticken, die ich schon damals in der täglichen Arbeit betreut habe. Ich habe diese Warnungen zunächst fast blauäugig und auch ein bisschen verwundert als Vorurteile gegen die eigenen Leute abgetan. Diese Menschen also waren für mich eine positive Erfahrung, weil sie versucht haben, mich zu warnen, auch wenn sie bei mir zunächst auf taube Ohren gestoßen sind.
AW: Was für Warnungen waren das denn konkret?
RS: Zunächst einmal eine Warnung vor dem Islam, dass das eben keine friedliche Religion ist und was das für uns Europäer und Deutsche bedeuten kann, dass das für uns und unsere Zivilisation, für unsere Gesellschaft, für unsere Lebensgemeinschaft gefährlich werden kann. Und konkrete Warnungen vor Menschen, die islamisch sozialisiert worden sind, dass das überhaupt nicht zu uns und unserer Lebensweise passt. Diese Freunde sprechen teilweise die Sprache der Neuangekommenen. Und sie haben hingehört, was da so erzählt wurde und mit welchen Vorstellungen diese Menschen nach Deutschland gekommen sind. Ich würde das viel zu friedlich sehen, war der Hauptvorwurf gegen mich, dass ich das alles zu naiv betrachten würde.
AW: Unterscheiden Sie zwischen islamisch und islamistisch?
RS: Nein, absolut nicht. Und ich verwehre mich auch der Bezeichnung „politischer Islam“. Das klinkt doch fast so, als wäre der Islam eventuell eine spirituelle schöne Geschichte. Der Islam an sich ist politisch und zieht sich in jeden Winkel deines Lebens als Muslim. Das fängt ja schon damit an, dass hier wirklich alles vorgeschrieben wird bis dahin, mit welchem Fuß man die Toilette zuerst betritt. Und bis hin, wie man etwas isst, sogar, wie man Sex hat.
AW: Aber war beziehungsweise ist das im Christentum nicht ganz ähnlich?
RS: Schon, aber wir haben die Aufklärung gehabt, wir sind hier weitestgehend säkularisiert. Wir haben doch eine völlig andere Entwicklung genommen. Ich bin der Meinung, auch wenn man das nicht sagen darf, dass Menschen aus dem afrikanisch-orientalischem Raum, wenn man die westlich Orientierten, wenn man die Gebildeten unter ihnen mal beiseite lässt, großteils eben über keine Bildung oder ein westliches Werteverständnis verfügen. Da kommen orthodox und traditionell geprägte, so lebende und denkende Menschen. Und diese Klientel bringt eins zu eins mit, was sie aus ihren Herkunftsländern kennen und auch für richtig empfinden und deshalb hier implementieren und uns aufdrücken wollen.
AW: Nun sagen aber Umfragen, dass nicht die Ärmsten kommen, sondern schon die, die es sich leisten können, zu reisen, Schlepper zu bezahlen und so weiter, weil sie in ihren Heimaten über eine gewisse höhere Stellung in der Gemeinschaft verfügt haben.
RS: Da sehe ich den Widerspruch nicht. Der größte Teil – so meine Erfahrung mit Hunderten von Menschen, die ich schon begleitet habe, und aus Gesprächen – ist orthodox-traditionell unterwegs. Das merkt man irgendwann einfach: Auch wenn die Leute moderat wirken, beispielsweise keine Bärte tragen, sogar Alkohol trinken und im Berufsleben stehen, bestellen sie sich trotzdem ihre Frau zum Heiraten und denken in Halal und Haram beziehungsweise stufen die Welt in Halal und Haram ein.
AW: Das führt mich zu der Frage, wie diese Gesprächspartner reagieren, wenn sie von Ihrer doch sehr kritischen Haltung zum Islam erfahren. Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?
RS: Tatsächlich haben das die Allermeisten auf dem Schirm, die ich jemals in der Flüchtlingshilfe begleitet habe und zum Teil immer noch begleite. Aber ich bilde mir ein, die spüren, dass ich ganz wahrhaftig bin mit dem, was ich zu sagen habe. Ich frage diese Männer und Frauen beispielsweise auch ganz direkt: Möchtest Du eine Frau in Deinem Land und mit Deiner kulturellen Sozialisation, die im knappen engen Minirock und mit heraushängenden Brüsten zum Beispiel in der Schule Deine Kinder erzieht? Nein, wollen die nicht, lautet die klare Antwort. Ja, antworte ich dann: Und genauso wenig will ich hier eine Lehrerin mit Kopftuch, die unserer Jugend im Grunde genommen sagt, in meiner Kultur hat sich die Frau dem Mann zu unterwerfen. Die dann eine Religiösität ausstrahlt, die überhaupt nicht unsere ist, die nicht zu uns passt. Und natürlich verstehen die Leute das, die kennen mich genau, da gibt es kaum Missverständnisse, die wissen, was ich geholfen habe, die wissen, was ich für sie alles schon gemacht habe. Natürlich ärgert es sie, aber sie wissen, dass ich Recht habe. Die verstehen nämlich sehr viel genauer als manche Deutsche selbst, was gemeint ist, wenn man sagt, dass das hier mein Land ist und meine Kultur und das man sagt: Ich möchte das so nicht.
AW: Wollen wir kurz noch die positiven Begegnungen zu Wort kommen lassen?
RS: Ok, zum Beispiel: Ich bin ja absolut gegen das Kopftuch. Und ich habe Freunde mit Kopftuch, denen ich über die langen Jahre geholfen habe als Flüchtlingsbegleiterin mit Familienzusammenführung und so weiter. Genau diese Debatte, die ich auch öffentlich führe, führe ich auch mit diesen Menschen. Und die verstehen ganz genau, wo ich stehe. Das empfinde ich als positive Begegnung.
AW: Und deutsche Landsleute? Wie steht es da mit den positiven Begegnungen? Wie sieht da das Fazit beispielsweise für 2019 aus? Was ist mit dem Graben, der durch die Gesellschaft geht?
RS: Klar, einige alte Freunde finden es richtiggehend beschissen, was ich denke und sage. Aber sie wissen warum, wissen, was ich alles schon für Flüchtlinge geleistet habe. Und ich kann mit ihnen trotz allem – auch wenn sie genervt erscheinen – noch diskutieren. Und das, obwohl einige nach der heutigen Begrifflichkeit ganz dolle links sind. Wir können dennoch weiter befreundet sein.
AW: Aber warum wollen Sie überhaupt noch mit denen befreundet sein? Hier ist ja zunächst nur die Frage geklärt, warum die eventuell noch mit Ihnen befreundet sein wollen.
RS: Weil wir uns schon seit so vielen Jahren kennen. Manchmal geht dann auch das eigentlich Unmögliche. Natürlich gibt es auch für mich Grenzen, beispielsweise wenn Leute angegriffen werden – keine Frage! Es ist doch trotz allem positiv, es zu schaffen, noch im Gespräch zu bleiben und an der Stelle das Gespräch dann doch zu beenden, wo der Streit ein Übermaß erreicht hat und eventuell Freundschaft gefährdet.
AW: Jetzt haben Sie in den letzten Jahren Leute kennengelernt, die so gar nicht Ihrem bisherigen politischen Spektrum entsprechen: Sie sind beispielsweise zusammengetroffen mit führenden Köpfen der Werte Union innerhalb der CDU, Sie sind zusammengetroffen mit verschiedenen Autoren, die eher den alternativen Medien zugehören, Sie haben Gesprächspartner gefunden, die nie im Leben eine Berührung mit einem linken Milieu hatten, Sie haben da neue Bekanntschaften und vielleicht auch Freundschaften gefunden, sind in den Dialog eingetreten. Was hat Sie da eigentlich am meisten überrascht, als Sie dieses quasi Neuland betreten haben?
RS: Hm, ich weiß gar nicht, ob ich da so große Freundschaften geschlossen habe. Da sind schon große Unterschiede spürbar.
AW: Also es gibt da eine Art polit-kulturellen Unterschied, der klare Hürden setzt?
RS: Ich bin nicht wirklich jemand, der so politische Begriffe benutzt, weil die für mich alle kaum noch Sinn machen. Mir sind Leute in Anzug, Schlips und Kragen eher fremd. Das ist einfach nicht so meins. Ich bin eher so die Flipflop-Tante, die selbst in der UN aussieht wie Lumpi, was eher dem linken Spektrum zugeordnet wird. Mein Gefühl sagt mir gerade, ich bin nirgendwo zu Hause, wenn es um ein Linksrechtsspektrum gehen soll. Ich muss da einfach selber meinen Weg bestimmen, wo es mir vor allem darum geht, Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu erreichen.
Ich möchte auch das uns zustehende Völkerrecht für uns hier. Ich habe nur den deutschen Pass. Das ist mein Land. Ich muss mir also auch meine eigene Heimat erhalten können. Ich möchte keine Heimat haben, wo ich auf der Straße gehe und mir irgendwelche Prinzen entgegenkommen und mir nicht ein stückweit aus dem Weg gehen und wo, wenn ich dann auch nicht weiche, ich riskiere, gleich aufs Maul zu bekommen. Das gehört nicht zu unserer Kultur und das wäre dann nicht mehr meine Heimat.
Im Moment trennt sich doch Folgendes: Da sind auf der einen Seite die, die Multikulti wollen, die quasi so etwas à la Amerika wollen. Aber die Bevölkerungsentwicklung in Amerika hat eine lange Geschichte und begann mit Besetzung, weil die Indigenen zuerst die Neuankömmlinge oftmals gastfreundlich empfingen und ihnen halfen, und einer darauf folgenden Zwangsbesiedelung. Wenn man uns in Deutschland nun Leute in wahrhaft unsäglichen Massen von der anderen Seite der Welt aufzwingt, die aber großteils überhaupt nicht zu uns passen, die sich auch überhaupt nicht anpassen wollen und mich und meine Leute obendrein noch bedrohen und meist nicht einmal grundsätzlich freundschaftlich uns gegenüber eingestellt sind, dann ist das so nicht zu akzeptieren und empörend.
Ich wiederhole aber noch einmal, um es unmissverständlich zu machen: Die Mehrheit der Leute, die hierher kommen, die ich über so viele Jahre von dreizehn Flüchtlingsheimen her und in endloser Begleitung kennengelernt habe, sind uns gegenüber nicht freundlich gesinnt. Sie schauen herrschaftlich hochnäsig und unsagbar selbstgefällig auf uns herab, auf die Männer als Waschlappen und die Frauen als Huren. Das ist einfach ein Fakt.
AW: Nun ist das noch kein Fakt im eigentlichen Sinne, sondern zunächst Ihre persönliche Erfahrung. Allerdings zeigt das Wahlverhalten der Türken in Deutschland, dass Ihre Einschätzung auch allgemeingültig sein könnte, wenn zwei Drittel dieser Klientel Erdogan ihre Stimme gegeben haben, dessen Politik schwer mit unseren Werten vereinbar ist oder jedenfalls eine Wahl ist, die kulturell befremdlich erscheint.
RS: Meine Migrantenfreunde sagen es mir regelmäßig klipp und klar: Jeder Muslim, er kann noch so moderat sein, wird als erstes einen Bruder wählen. Das heißt: Erdogan ist ein Bruder der Muslime. Und jeder, der Muslim ist, selbst wenn er noch so moderat wirkt, wird einen Muslim wählen, wenn einer zur Wahl steht.
AW: Na ja, bei der Wahl in der Türkei standen ja fast ausschließlich Muslime zur Wahl. Was Sie sagen, bezieht sich wohl eher prognostisch auf zukünftiges Wahlverhalten in Europa. Aber das führt vielleicht zu weit, ich würde viel lieber einmal zu den persönlichen Enttäuschungen in 2019 kommen, zur Frage, welche Erfahrungen Sie gemacht haben in Ihrer politischen Arbeit, die Sie so negativ nicht erwartet hätten. Mich würde beispielsweise interessieren, ob Sie, als Köln für Sie zum Initial wurde, als Sie eine 180-Grad-Wende vorgenommen haben, schon befürchteten, dass bestehende Freundschaften von da an gefährdet sei könnten.
RS: Also zunächst einmal verwehre ich mich gegen den Begriff „180-Grad-Wende“, was ja immer wieder einmal über mich gesagt wird. Allerdings stimmt das gar nicht, denn ich bin noch dieselbe, ich bin immer noch Flüchtlingsbegleiterin, ich begleitete viele Islamopfer, sowohl Männer als auch Frauen. Ich begleitete tatsächlich Menschen, die aus ihren Ländern flüchten mussten, eben weil diese Länder so islamisch geprägt sind. Menschen, die dort keine Chance haben in einer guten und fairen Art und Weise zu leben. Da sind Menschen darunter, die ich betreue, die Atheisten sind, deren Asylantrag hier abgelehnt wurde, da sind Frauen darunter, die genitalverstümmelt wurden und nicht einmal normal pinkeln können, zwangsverheiratet wurden, die von ihren Ehemännern hierher mitgebracht wurden, sich getrennt haben, die akut von so genannten Ehrenmorden bedroht sind, deren Kinder entführt wurden – ich mache ja weiter mit meiner rein ehrenamtlichen nichtinstitutionalisierten Arbeit. Ich habe keine 180-Grad-Wende vollführt. Ich habe einfach nur die Summe meiner Erfahrungen nicht nur von mir, sondern auch die meiner Ehrenamtsgruppe die ich ja nach wie vor leite, zusammengefasst. Es sind also nicht nur meine Erfahrungen, sondern es sind die Erfahrungen von ganz vielen Ehrenamtlichen, die mich natürlich anrufen, wenn sie, wie tatsächlich einer Helferin passiert, an den Haaren ins Klo gezerrt und fast vergewaltigt wurde.
AW: Aber ganz gleich ob nun 180, 90 oder nur 30 Grad, Sie nehmen heute eine Haltung ein, die der entgegengesetzt ist, der Sie sich ja selbst zuvor zugeordnet haben. Was ist da passiert?
RS: Ich versuche natürlich auf Basis der gesammelten Erfahrungen aufzuklären. Und das mache ich auch im Freundeskreis bis heute. Am Anfang hätte ich im Leben nicht gedacht, das meine echten Erlebnisse und Beobachtungen dazu führen könnten, dass Leute einfach nur, weil es ihnen nicht passt, was ich da berichte, mich dann als Person ablehnen. Über die Zeit ist es einigen meiner Freunde zu viel geworden, dass ich in den Medien, in Seminaren und Diskussionen, dass ich mit meiner Haltung Präsenz zeige. Warum? Weil sie a) Angst bekommen, durch den Kontakt mit mir gesellschaftliche Nachteile zu bekommen nach dem Motto: Haftung für den, den Du kennst. Und b) habe ich tatsächlich auch die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass langjährige Freunde, die mich wirklich gut kennen, die auch meine Ehrenamtsarbeit gut kennen, die auch mitbekommen haben, mit wie vielen Migranten ich zu tun habe, mit denen ich teilweise befreundet bin, die somit also auch bei mir zu Hause verkehren, dass langjährige Freunde es trotzdem nicht ertragen können, dass ich differenziere. Der Unterscheid ist doch, dass ich nicht pauschalisiere, ich nehme für mich in Anspruch, dass ich differenziere. Das soll aber wohl nicht sein. Man möchte im Gegenteil pauschal, dass Migration ein Gewinn ist. Unterschiedslos.
AW: Diese linksalternative Haltung, die Sie hier skizzieren, war ja früher eine Outsiderhaltung und ist über die letzten Jahrzehnte beispielsweise über die Etablierung der Grünen im Mainstream angekommen. Wenn nun Leute wie Sie davon wieder abrücken und damit diesen neuen etablierten Wohlfühlkosmos im Etablierten in Frage stellen, kann das Ängste auslösen. Sie lösen damit ja fast eine Verlustangst aus von etwas, von dem man möglicherweise lange nicht gedacht hätte, dass man es überhaupt erreichen kann: Die Etablierung im Mainstream oder bildhafter: Habeck als Kanzlerkandidat.
RS: Genau so ist es. Allerdings sagen mir diese ganzen politischen Begriffe dennoch wenig. Das ist nicht meine Welt. So sind Grüne für mich nicht grün, die sind gar nicht für die Umwelt, aber das wäre schon das nächste Thema. Ich finde auch die Linken überhaupt nicht links. Links ist doch etwas anderes als das, was heute dafür durchgeht. Und da, wo die Leute sagen, das ist rechts, sehe ich oft nichts Rechtes. Jedenfalls kann ich mit solchen Begriffen nichts anfangen. Ich verweigere mich diesen Sortierungen sogar, weil das nicht meine Sprache ist. Meine Sprache kommt aus meiner Erfahrungswelt, und was ich mitbekomme, prägt meine Sprache. Ich würde von mir behaupten, dass ich ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden habe und finde es schlimm und hochgradig ungerecht, was im Moment passiert, was mir passiert, was anderen passiert, was uns als Volk angetan wird, sogar als Staat.
AW: Was würden Sie denjenigen erwidern, die Ihnen unterstellen, Sie wollten mit Ihrer Haltung missionieren?
RS: Ich wiederhole es noch einmal: Ich habe keine Haltung, ich habe Erfahrungen. Und gleichzeitig habe ich auch Ahnung vom Menschen- und Völkerrecht. Es muss in der Waage sein. Bei uns ist es inzwischen total gekippt.
AW: Aber es gibt doch Leute, die sich genauso auf ihre Erfahrungen berufen, die aber ganz andere gemacht haben als Sie.
RS: Es geht um faktisch belegbare Erfahrungen. Und wer andere Erfahrungen ins Feld führt, der soll sagen, wo er diese gemacht hat, und den lade ich gerne ein, mich bei meiner Flüchtlingsarbeit zu begleiten, der soll mir dann einmal sagen, dass, was er sieht und dort erlebt, nicht real ist. Wenn Du mich mit einem Ehrenamtlichen zusammensetzt und der sagt: Och, ich habe ganz andere Erfahrungen gemacht. Dann werde ich diese Person gerne befragen, wo und unter welchen Bedingungen sie hilft. Und ich wette, dann relativiert sich einiges. Ich brauche dafür lediglich fünf Minuten mit diesen Leuten sprechen, dann weiß ich, was da eventuell los ist.
Oder kürzer: Ich weiß, dass meine Erfahrungen die Regel und nicht die Ausnahme sind. Deshalb übrigens meiden mich viele und wollen nicht mit mir debattieren. Wir hatten beispielsweise in Schwetzingen eine Veranstaltung, wo sich ein Pfarrer furchtbar aufgeregt hatte, wo unsere Veranstaltung sogar gestört wurde, wo der Pfarrer von ganz anderen Erfahrungen berichtete, er wäre auch Flüchtlingshelfer, da haben wir ihm angeboten, gerne mal eine Diskussion zusammen zu machen, um über positive und negative Erfahrungen zu sprechen. Aber solche Leute setzen sich nicht mit uns zusammen, weil sie wissen, dass wir wiederum wissen, worüber wir sprechen.
AW: Lassen Sie uns jetzt zum Jahresende bitte noch einmal von Ihrer Arbeit zurück ins Private kommen. Wir waren ja noch bei der Frage nach den persönlichen, nach den enttäuschenden Erfahrungen. Enttäuschen kann ja nur, was man nicht erwartet. Waren Sie zu blauäugig?
RS: Eine große Enttäuschung war, dass sich, als ich das erste Interview gegeben habe, dass sich meine beste syrische Freundin, die privat ja genau das selbe sagt, und einige meiner wirklich langjährigen Freude einfach abgewendet und auch auf Nachfrage meinerseits nicht zurückgemeldet haben. Anrufe, Emails, nichts. Und das, obwohl diese Freunde längst um meine Erfahrungen wussten – der Knackpunkt war, dass ich damit öffentlich geworden bin. Da haben die richtiggehend Schiss bekommen, mit mir in Zusammenhang gebracht zu werden, und sind dann mir gegenüber abgetaucht.
AW: Weil Sie plötzlich die Haltung der AfD vertreten haben?
RS: Nein, nicht wegen einer Haltung, ich verbitte mir sogar das Wort Haltung. Ich versuche darüber aufzuklären, was ich in der Summe von vielen Erlebnissen und Beobachtungen berichten kann.
AW: Aber was ist für Sie der Unterschied zwischen dem Resultat von Erfahrungen und einer Haltung? Eine Erfahrung muss doch automatisch zu einer Haltung führen, sonst macht die Erfahrung für sich doch gar keinen Sinn.
RS: Für mich bedeutet Haltung, sich etwas zu wünschen und es sich dann zurechtzubiegen. Heißt, du hast im Grunde genommen ein Vorurteil über eine Situation. Und die bewirkt, dass du eine Haltung dazu einnimmst ohne diese direkt belegen zu können oder mindestens eine Ahnung zu haben.
AW: OK, fragen wir noch mal anders: Sie haben sich positioniert nach Auswertung von Erfahrungen. Waren Sie zu blauäugig, was die Reaktion Ihrer Freunde angeht? Haben Sie mittlerweile eine Leidensfähigkeit aufgebaut?
RS: Ich glaube, ich habe einfach an die Kraft der Freundschaft und der Liebe zueinander geglaubt, anstatt das so einzuschätzen, dass das eventuell überhaupt gar keine Freundschaften waren, wenn alles nur dann gut und dufte ist, wenn man miteinander einer Meinung sein kann. Enttäuschend war, dass mit der konträren Meinung der ganze Mensch quasi weggedrückt wurde. Damit habe ich nicht gerechnet, weil meine Loyalität zu Freunden immer eine starke ist.
AW: Das ist doch interessant. Denn wenn es vorher keine Probleme gab mit unterschiedlichen Meinungen – deckungsgleich sind Meinungen ja selten – warum jetzt diese Entzweiungen? Warum sind unterschiedliche Meinungen auf einmal nicht mehr egal an diesem Punkt, wo es um Zuwanderung geht, um die Erfahrungen mit einem eingewanderten Islam und so weiter?
RS: Weil diese Bekannten und Freunde eine Mauer setzen zwischen „Wer ist gut?“ und „wer ist böse?“ Und man ist böse, wenn man Dinge sagt, die man angeblich nicht sagen, denken oder äußern darf. Und das Interessante ist, dass sich die Freunde, die sich selbstverständlich als „gut“ empfinden, allesamt nicht in der Flüchtlingshilfe tätig sind, sondern sich darüber lediglich etwas vorstellen, während ich aber weiterhin als Flüchtlingsbegleiterin tätig bin, also je eigentlich zu den Guten gehörten sollte. Nur ich differenziere und sehe Migration ultrakritisch beispielsweise auf Basis meines Wissens um die UN-Ziele und die dazugehörenden Dokumente der UN. Und gleichzeitig kommt meine Erfahrung dazu, dass man sehr wohl differenzieren muss, wer da kommt – so eine Differenzierung ist aber nicht gewünscht.
AW: Noch einmal: Das sagt ja erst einmal nur, dass man einen unterschiedlichen Standpunkt hat. Warum ist Ihrer Erfahrung nach genau dieser Standpunkt so erheblich, dass es darüber zu Brüchen von Freundschaften, zu Kontaktverweigerungen und schlussendlich sogar zu übler Nachrede kommen kann? Also zu etwas für Sie überraschendem? Warum entstehen seit Jahren diese Gräben und vertiefen sich noch? Und warum genau jetzt?
RS: Weil die Leute es nicht ertragen können, sich das anzuschauen. Sie können es nicht ertragen.
AW: Was „anzuschauen“?
RS: Das, was ich erzähle und berichte über Migranten, die aus religiös-patriachalisch-ethnisch-tribalen Strukturen beziehungsweise Kulturen kommen, und sogenannte Flüchtlinge, die keine sind.
AW: Aber warum ertragen sie es nicht? Dieses Thema wird doch auch medial viel gespielt. So kann man sich doch auch der negativen Erfahrungen mit Flüchtlingen kaum erwehren auch dann, wenn man selber noch gar keine gemacht hat. Kurz gesagt: Es verschwindet ja nicht komplett und tritt ausschließlich in den geäußerten und veröffentlichten Erfahrungen von Rebecca Sommer zu Tage.
RS: Wir haben doch in Deutschland eine klare Richtlinie, dass alles, was gegen Migration ist, Rassismus ist, Nazis ist, Rechts ist, böse und verdammenswert ist. Tatsächlich sind die meisten Leute Herdentiere, wenige haben wirklich Rückgrat. Die meisten Leute wollen sich einfach nur wohlfühlen und sind harmoniebedürftig. Auch müssten sie sich ja wirklich Sorgen machen, würden sie sich wirklich auf die Hiobsbotschaften einlassen. Die Wohlfühlblase darf also nicht platzen.
AW: Aber das ist dann neu, denn der Linke an sich war ja lange Zeit oder bisher kein Herdentier. Er war viel mehr Separatist. Alles was wir gemeinhin als links, als grün, als internationalistisch und so weiter bezeichnen, das war ja lange Zeit gepflegtes Outsiderleben. Die anderen waren ja immer der Mainstream.
RS: Ich war noch nie eine Internationalistin. Ich war immer schon für das Völkerrecht. Und für mich war der Mainstream schon immer links, ganz gleich, wo ich gearbeitet habe, ob in Deutschland, in Amerika, England oder sogar in Südamerika war das so, aber das kommt wohl auch durch meinen Beruf und mein Menschenrechtsengagement.
AW: In Deutschland ist das aber noch nicht so lange her. Man kann es sogar genau benennen mit der Zeit, als die Grünen Anfang der 1980er Jahre in den Bundestag einzogen. Und selbst da wurden sie ja noch hart bekämpft. Ich würde sagen bis 1985, 1990 war linksgrün nicht Mainstream, oder doch?
RS: Also in meinem Umfeld war es nie anders.
AW: Die Mehrheit war doch immer die konservative, die konservativ-liberale Familie. Heute würde man vielleicht sagen, nicht mehr das Hirschbild über dem Sofa, aber doch brav und einheitlich das Wohnzimmer von Ikea ausgestattet. Oder ist Ikea auch schon linkes Habitat? Also generell ist doch das Linke, das hier aus der 68er-Bewegung stammt, nicht Mainstream gewesen.
RS: Ich kann mit diesen Begriffen nichts anfangen, ich habe da eine ganz andere Erfahrungswelt. In meinem Umfeld sind ganz viele Leute, die haben Familien, oder wo die Frauen von drei verschiedenen Vätern Kinder haben, und die Väter wiederum drei verschiedene Kinder, und alle friedlich zusammensitzen und sich wie eine erweiterte Großfamilie unterstützen …
AW: Das ist interessant. Weil Sie hier Ihre eigenen Erfahrungen an erste Stelle stellen, so individuell diese auch sein mögen. In der Realität ist es doch ganz anders. Die Mehrheit der Deutschen lebt nicht in Patchworkfamilien. Hier nun aus Ihrer persönlichen Erfahrung Fakten zu setzen, wäre möglicherweise falsch. Nehmen wir einmal vegane und vegetarische Lebensweisen – die sind doch dermaßen überpräsent, dass man es für Mainstream halten könnte, dabei betrifft es keine zehn Prozent der Bevölkerung. Diese Überpräsenz war ja schon bei den 68ern so, die eine unglaubliche Wirkmacht hatten, aber die doch nur wenige waren.
RS: Ich sehe da keinen Widerspruch. Wieso kann man nicht links sein, wenn man Familie hat?
AW: Erzählen Sie bitte einmal, was diese Belastungen bis tief hinein in den Freundeskreis mit einem machen, wie fühlt sich das an? Wie geht man damit um?
RS: Keine Ahnung. Ich glaube, man muss sich weiter auf sich selber konzentrieren und weniger auf Leute verlassen.
AW: Neue Freundschaften mit neuen Leuten?
RS: Eher nicht. Ich glaube, wir sind im Moment in einer dermaßen vergifteten Zusammensetzung. Ich beobachte beispielsweise auch, dass Leuten aus dem Kreis der Islamkritik und der Kritik gegen die Migrationsschwemme erklärt wird: wir sind ein Einwanderungsland und Punkt und friss oder stirb. Also selbst in diesen Kreisen von Leuten, die eigentlich derselben Meinung sind wie ich beziehungsweise vergleichbare Beobachtungen gemacht haben oder dieselbe Expertise haben und dementsprechend agieren, nämlich versuchen aufzuklären, ist kaum Freundschaft möglich. Warum? Weil die Leute sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Also auch Freundschaften, die logisch wären, sind auch fast nicht möglich. Wir sind ja innerhalb der islamkritischen Szene auch untereinander total verstritten, leider. Die einen nennen es beispielsweise politischen Islam anstatt Islam, wohlwissend, dass sie uns allen damit keinen Gefallen tun, weil sie im Grunde genommen die Bevölkerung beruhigen, anstatt aufzuklären.
AW: Aber woran liegt das? Ist der Druck von außen zu groß, dass man innerlich so zu kochen beginnt?
RS: Tatsächlich ist der Druck von außen unheimlich groß. Auf jeden Fall. Aber ich glaube, es sind einfach auch viele Menschen dabei, die daraus wieder so ein Businessmodell machen: Bücher schreiben, Projekte machen und so weiter. Jeder versucht irgendwie, noch einmal so einen Fitzel von den Brotkrumen, die abfallen, zu erhaschen. Und je kritischer du bist, umso weniger ist da aus den öffentlichen Töpfen. Meine Arbeit ist ja komplett unbezahlt, ich mache das ehrenamtlich und aus Überzeugung. Ich möchte aufklären.
AW: Noch einmal zusammengefasst: Worum konkret geht es Ihnen? Kann man sagen, es geht Ihnen um Deutschland?
RS: Es geht mir um Menschenrecht in der Waage mit Völkerrecht. Indigene Völker haben mir etwas beigebracht: Landrecht ist heilig. Viele Völker haben nicht einmal einen Staat. Sie haben nicht die Möglichkeit sich selbst zu bestimmen, wie sie in die Zukunft gehen wollen.
AW: Nun wissen Sie selbst, dass die Idee Volk bezogen auf Deutsche auf eine Weise kontaminiert ist, die einzigartig auch in ihrem Grauen ist.
RS: Das stimmt natürlich. Das sehe ich auch so. Aber wir sind trotzdem ein Volk, das sich über viele, viele Generationen gebildet und entwickelt hat, das kannst du uns trotzdem nicht aberkennen.
AW: Was ist für Sie das typisch Deutsche? Was macht den Deutschen aus?
RS: Für mich ist typisch deutsch, dass ich als junges Mädchen nackend im Garten herumlaufen konnte und das sich darüber niemand beschwert hat oder mich niemand komisch angebaggert hat deswegen. Für mich ist deutsch, als ich aus New York zurückkam und ich alte Ehepaare im Park und in den Wäldern Hand in Hand spazieren gehen sah. Das ist sehr deutsch. Ich finde auch, dass die Deutschen unheimlich erduldend und gutmütig sind. Wir waren nie gut in Revolutionen. Was ich auch typisch deutsch finde, das wir unglaublich neugierig und freundlich anderen Kulturen gegenüber sind. Zu freundlich vielleicht.
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Rebecca Sommer koordiniert die von ihr gegründete „Initiative an der Basis.“ Hier wird denen ein Forum geboten , die sich ehrenamtlich oder beruflich in der Integrationsarbeit engagieren, aber nicht um den Preis, die auftretenden, teils massiven Probleme nicht mehr benennen zu dürfen.
Die Aktivistin war Zivilbevölkerungsvertreterin mit Fokus auf „Völkerrecht und Indigene Völker“ im beratenden Status zu den Vereinten Nationen, sie leitet seit 2012 die ehrenamtliche Unterstützungsgruppe für Flüchtlinge Arbeitsgruppe Flucht + Menschenrechte (AG F+M). Sommer ist Künstlerin, Fotografin und Filmemacherin
Quelle: https://www.tichyseinblick.de/meinungen/...en-kragen/
"Wenn Unrecht Gesetz wird,wird Rebellion Pflicht."
Der Klartexter
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