12.05.2025, 19:47
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.05.2025, 19:49 von Klartexter.)
Deutsches Ultimatum an Putin: Wenn die Uhr nicht mehr läuft, kommt der Kuckuck
12 Mai 2025
So, die erste politische Handlung dieser neuen deutschen Regierung ist also ein Ultimatum gegen Russland. Das ist vor allem peinlich und komisch. Letztlich bleibt es wie unter Scholz: die Geschädigten sind die Deutschen.
![[Bild: 68220581b480cc5a23236fa1.jpg]](https://mf.b37mrtl.ru/deutsch/images/2025.05/article/68220581b480cc5a23236fa1.jpg)
Symbolbild; Kuckucksuhren in Hornberg, 2017 - © Gary Bembridge from London, UK, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons
Von Dagmar Henn
Da werden jetzt wirklich Furcht und Schrecken herrschen auf den Fluren des Kreml, wegen dieses deutschen Ultimatums. Schließlich haben die bisherigen 16 Sanktionspakete bereits zum völligen wirtschaftlichen Ruin Russlands geführt, weshalb ein weiteres derartiges Paket bestimmt sofortigen Gehorsam auslöst.
Nein, in Wirklichkeit ist das vor allem peinlich und komisch. Schließlich ist einer der Schritte, die als Teil dieses 17. Sanktionspakets bekannt wurden, ein Beschluss der EU, der Pipeline Nord Stream 2 endgültig und dauerhaft den Betrieb zu untersagen. Gerade von deutscher Seite ist das so, als würde jemand erklären: "Wenn du nicht tust, was ich will, renne ich mit dem Kopf gegen die Wand, bis ich umfalle"; eine Drohung, die dasselbe Gefühl auslöst wie ein Dreijähriger, der sich neben der Supermarktkasse schreiend auf den Boden wirft, weil er den gewünschten Schokoriegel nicht bekommt.
Es bleibt ein völliges Rätsel, wie man bei diesem Personal die Verbindung zur Wirklichkeit wiederherstellen kann. Auch, wenn die Bundesregierung meint, es sei etwas damit gewonnen, künftig die Waffenlieferungen an die Ukraine geheim zu halten. Und Regierungssprecher Stefan Kornelius dann erklärt, die Bundesregierung werde "zum jetzigen Zeitpunkt nicht offenlegen können", welche Marschflugkörper an die Ukraine geliefert würden.
Muss sie nicht. Da die Taurus ein gutes Stück weiter fliegt als die bereits im Einsatz befindlichen Konkurrenzprodukte, reicht die zurückgelegte Entfernung völlig aus, um sie zu identifizieren; da muss man nicht einmal auf die Untersuchung der Überreste warten, die üblicherweise ebenfalls jede Rakete erkennbar machen. Und eine Reaktion würde im Erstfall sehr schnell erfolgen, selbst wenn man sich in Berliner Regierungskreisen einredet, die Eingabe der Zieldaten für gut bekannte Ziele wie das Bundeskanzleramt wäre zeitaufwendig.
Wäre da mehr Vernunft, Regierungssprecher Kornelius hätte sich bemüht, jede Lieferung von Taurus zu dementieren, statt auch nur irgendetwas im Unklaren zu lassen. Und eine Bundesregierung, die einen Ansatz von Verantwortungsgefühl gegenüber der Nation besitzt, für die sie angeblich steht, würde sich veranlasst sehen, ihren Bürgern zuzusichern, dass ein derart gefährlicher Schritt nicht erfolgt. Denn der militärische Nutzen des Schweigens hielte sich im Falle einer wirklichen Lieferung und des Einsatzes dieser Waffe in sehr engen Grenzen; die lassen sich sogar genau berechnen.
Die Taurus fliegt mit Mach 0,6 bis 0,95; das sind 741 bis 1.111 Kilometer pro Stunde. Die mögliche Geschwindigkeit unterscheidet sich nicht von den beiden bereits eingesetzten Raketen aus Großbritannien und Frankreich, Scalp und Storm Shadow, die beide ebenfalls Mach 0,95 erreichen. Aber sobald die 250 Kilometer Entfernung überschritten werden, die diese beiden erreichen, ist klar, dass es sich um eine Taurus handeln muss. Das bedeutet, spätestens etwa 20 Minuten nach dem Start einer solchen Rakete kann sie erkannt werden; bei Maximalgeschwindigkeit sogar noch einige Minuten früher.
Klar, vielleicht wird sie trotz der dichten Radarüberwachung nicht erfasst, dann könnte die Identifizierung ein paar Stunden länger dauern. Will Berlin wirklich darauf wetten? Und darauf, dass nicht infolge der Aussage von Bundeskanzler Merz bezüglich der Taurus-Lieferung schon längst Raketen mit einprogrammierten Zieldaten bereitstehen, die wenige Minuten nach der Identifizierung einer Taurus in die Startphase übergehen? Eine Viertelstunde beträgt die Flugzeit einer Oreschnik bis nach Berlin …
Ach ja, nicht zu vergessen, da sollen auch noch hundert weitere Schiffe sanktioniert werden, die russische Waren transportieren. Das war ebenfalls schon immer ein ziemlich dummes Spiel, auch wenn der Rest der Welt vermutlich Vorteile davon hat, dass das Monopol der Londoner Lloyds auf Schiffsversicherungen ganz nebenbei durch diese EU-Beschlüsse beendet wurde. Vor kurzem wurde ein Manöver der russischen Ostseeflotte, bei dem die Begleitung ziviler Schiffskonvois geübt wurde, lautstark als weiterer Beleg für "russische Aggression" angeführt; dabei ist die Vorbereitung auf derartige Einsätze eine logische Konsequenz aus einem Verhalten der NATO-Länder, das wieder einmal in scharfem Widerspruch zum Völkerrecht, in diesem Fall dem internationalen Seerecht, steht.
Stefan Kornelius ist übrigens genau die richtige Person, um diesen Irrsinn zu verkünden. Denn als langjähriger Auslandschef der Süddeutschen Zeitung gehört er im Zusammenhang mit der Entwicklung in der Ukraine zu den Mittätern. Er hat es zu verantworten, dass die Süddeutsche schon 2014 nicht mehr berichtete, was in der Ukraine wirklich geschah. Seine Sympathien für die in München starke banderistische Diaspora sorgten dafür, dass selbst Ereignisse wie das Massaker von Odessa nicht angemessen berichtet wurden. Ein tiefer Fall für eine Tageszeitung, die einst eine der wenigen war, die über Hinrichtungen politischer Gegner in Francospanien berichtete.
In Russland dürfte die deutsche Drohung eher Assoziationen von Wildsau und Eiche auslösen, wenn nicht gleich lautes Gelächter. "Die Uhr läuft", raunte Kornelius, wohl in Erwartung von Zittern und Schweißausbrüchen, als befände man sich in einem Actionfilm, in dem immer wieder die Großaufnahme eines Zeitzünders eingeblendet wird. Dabei weiß jeder außer der Bundesregierung und ihrem Sprecher, dass dann, wenn die Uhr nicht mehr läuft, bestenfalls in guter deutscher Tradition ein Türchen aufgeht und ein mechanischer Kuckuck ruft.
Eigentlich sind diese aufgeblasenen Verlautbarungen nur für die Deutschen selbst von Bedeutung. Weil sie belegen, dass auch diese Regierung ihren Auftrag darin sieht, das Land weiter zu Grunde zu richten. Wenn die EU tatsächlich einen künftigen Betrieb von Nord Stream dauerhaft untersagen will, müsste eine deutsche Regierung, die diese Bezeichnung verdient, hier ein Veto einlegen. Die Verve, mit der Kornelius das dumme Geschwätz von Merz in Kiew mit Bedeutungsschwere auflädt, deutet eher an, dass Merz den Scholzschen Moment des grinsenden Verrats noch weit schneller erreichen will als sein Amtsvorgänger.
Es ist ja menschlich nachvollziehbar, dass die Kränkung, in Bezug auf die weitere Entwicklung des Ukraine-Konflikts keine Rolle zu spielen, schmerzt, wenn jahrelang so viel Energie investiert wurde, ihn auszubrüten und großzuziehen. Das ganze Gerede von "Kriegstüchtigkeit" ist ja nur der Schlussstein in einem propagandistischen Bogen, an dem seit langem gemauert wird, einer Ideologie, auf die so große Teile der deutschen politischen Landschaft eingeschworen wurden, dass in dem Moment, in dem es dringend erforderlich wäre, die Richtung des Gefährts endlich zu ändern, niemand mehr da ist, der das tun könnte.
Sie alle können wissen, wie absurd die Forderung nach diesem Waffenstillstand ist. Die Daten, die die OSZE all die Jahre im Donbass gesammelt, aber nicht veröffentlicht hat, können von der Bundesregierung jederzeit abgerufen werden, sollten den Verantwortlichen diese Details entgangen sein. Sie belegen klar genug, dass dieser Regierung in Kiew wie jener zuvor unter Poroschenko nicht zu trauen ist. Das wüsste auch die deutsche Öffentlichkeit, hätten nicht Gestalten wie Kornelius dafür gesorgt, dass es nie eine Berichterstattung von der Seite der Donbassrepubliken gab.
Die eigenen Illusionen zu bewahren und weiter den starken Mann zu markieren, scheint wichtiger als das Recht der Deutschen, in Frieden zu leben. Ob da jetzt die Frage der Taurus-Lieferung in Nebel gehüllt oder so getan wird, als würde es irgendjemanden außerhalb der EU interessieren, was das Quartett in Kiew, dessen Teil der frisch gebackene Bundeskanzler Merz war, meint, fordern zu können – in Wirklichkeit entscheidet sich das an anderem Ort. Und alles, was dieses Gehabe bewirkt, ist, die Deutschen zusätzlichen Risiken und weiterem ökonomischem Abstieg auszusetzen.
Und egal, was die Bundesregierung, ihr Sprecher und ihre Medien behaupten – selbst in Deutschland scheint es viele zu geben, die erwarten, dass in Istanbul diese Woche noch etwas geschieht. Ganz ohne Merz und die EU nach ihrer Meinung zu fragen. Schließlich sind die Aktien von Rheinmetall, die dank der ganzen Kriegstreiberei in der Ukraine von 50,50 Euro im März 2020 auf inzwischen 1.694 Euro gestiegen waren (also auf das 33-Fache), zuletzt wieder gefallen.
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Ist der Dritte Weltkrieg unvermeidlich? Europa ist bereits auf ihn eingestellt
11 Mai 2025
Über 70 Prozent der Europäer sehen Russland laut Umfrage als Bedrohung für den Frieden. Doch die Angst vor einem Atomkrieg speist sich nicht nur aus Furcht, sondern auch aus politischen Narrativen und historischer Verzerrung. Was, wenn Europas Angstpolitik selbst der Auslöser des Weltkriegs sein wird?
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Symbolbild - Quelle: Legion-media.ru © Bihlmayerfotografie
Von Pjotr Akopow
Ist der Dritte Weltkrieg unvermeidlich? Im Westen hält die Mehrheit einen Weltkrieg in den nächsten fünf bis zehn Jahren für sehr wahrscheinlich – das geht aus einer Meinungsumfrage von YouGov hervor.
Von den sechs westlichen Ländern, in denen die Umfrage durchgeführt wurde, ist in vier (USA, Frankreich, Italien, Spanien) eine Mehrheit davon überzeugt. Nur in zwei Ländern (Großbritannien und Deutschland) liegt die Zahl der Pessimisten gleichauf mit der der Optimisten, ohne sie jedoch zu übertreffen. Dabei glaubt überall die absolute Mehrheit, dass ein Weltkrieg nuklear verlaufen und ihre Länder darin verwickelt sein würden.
Gleichzeitig hält die absolute Mehrheit in vier Ländern ihre Armeen für unfähig, ihnen Schutz zu bieten. Nur in Amerika sieht es genau umgekehrt aus, und die Franzosen sind in dieser Frage in zwei fast gleichgroße Lager gespalten. Das Umfrageergebnis ist zugegebenermaßen überraschend – es ist eine seltene Kombination aus Pessimismus und Hoffnungslosigkeit: Zwischen einem Viertel und 44 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung in diesem Krieg ums Leben kommen wird. Für uns liegt die wichtigste Erkenntnis dieser Umfrage jedoch eine andere.
Westeuropäer wurden gefragt, was die größte Bedrohung für den Frieden in Europa darstellt. Auch wenn es keinen direkten Zusammenhang mit der Frage nach einem Dritten Weltkrieg gab, ist der Kontext dennoch klar. Dass Russland von der Mehrheit genannt wurde, ist nicht überraschend – auch wenn die Antwort in Form einer Option "Spannungen zwischen Europa und Russland" formuliert wurde. Die Propaganda zeigt ihre Wirkung. Dass Russland nicht nur eine Bedrohung für den europäischen Frieden sei, sondern ihn bereits verletzt habe, wird bereits seit drei Jahren behauptet – begleitet von Diskussionen darüber, wann unser Land zu einem Angriff auf die NATO bereit sein werde: in fünf Jahren, in drei Jahren oder noch früher?
Die geringste Anzahl derjenigen, die "Russland als Auslöser" betrachten, gibt es derzeit in den USA – "nur" 69 Prozent. Den höchsten Anteil gibt es in Großbritannien – 82 Prozent. Das ist nicht überraschend, denn dieser Inselstaat nutzte schon immer (oder provozierte sogar) europäische Konflikte, um seine Ziele zu erreichen. Und dann beschuldigte er andere, Kriege angezettelt zu haben. In den kontinentaleuropäischen Ländern stellen ebenfalls mehr als 70 Prozent die "Spannungen mit Russland" an erste Stelle.
An zweiter Stelle folgt jedoch mit geringem Abstand der "islamistische Terrorismus" – eine Angst, an die Europa sich bereits gewöhnt hat. Neu hinzugekommen ist ein dritter Angstfaktor: die angespannten Beziehungen zu den USA. Zwar gilt Amerika schon seit Jahrzehnten als Bedrohung für die europäische Sicherheit, doch betraf dies bislang nur einige Länder, beispielsweise Deutschland. Heute teilen diese Ansicht nicht nur die Deutschen, sondern auch mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Frankreich, Spanien und, in geringerem Maße, Italien. Das bedeutet, dass zusätzlich zur Angst vor Russland die Angst vor den USA zugenommen hat, und wenn man noch das Bild des "inneren Feindes" hinzufügt (denn was sonst ist "islamistischer Terrorismus"?), dann gibt es in Europa wirklich nichts zu beneiden.
Lassen wir die Ursachen aller Ängste Europas beiseite und betrachten wir die wichtigste, die mit Russland zusammenhängt. Russophobie hat im Westen tiefe Wurzeln, die von religiösen bis zu geopolitischen Motiven reichen. Für die Europäer sind wir – wenn die Emotionen ihren Höhepunkt erreichen – "gefährliche, aggressive Barbaren aus dem Osten". "Die Russen werden kommen und euch alles wegnehmen" – damit werden die Europäer schon seit mehreren Jahrhunderten erschreckt (besonders aktiv sind dabei die Angelsachsen, die sich selbst nicht als Europäer betrachten). Und die Europäer glauben daran – schließlich gibt es dafür Belege aus verschiedenen Jahrhunderten und sogar aus der jüngsten Vergangenheit: Noch ist kein halbes Jahrhundert vergangen, seit Osteuropa wieder unter westliche Herrschaft gebracht wurde. In der europäischen Vorstellung erscheint diese Sichtweise schlüssig – bis auf eine Nuance.
Der Einzug der Russen nach Europa kam als Gegenreaktion auf den Besuch ungebetener Gäste in ihrem eigenen Haus. Während wir uns unter Peter dem Großen noch auf die Verteidigung und Streitigkeiten zwischen den Slawen beschränkten (wobei Polen gleichzeitig die Rolle Europas spielte), wurden wir später in die europäischen Konfliktherde hineingezogen. Wir wurden Teil des europäischen Schauplatzes von dynastischen und militärischen Machtkämpfen – mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Die Annexion der deutsch beeinflussten baltischen Staaten sowie die Teilung Polens zwischen uns und zwei deutschen Monarchien waren keine Aggression Russlands, sondern eine logische Folge der immer intensiveren Interaktion und Vertiefung der Beziehungen zwischen den beiden größten europäischen Völkern (den Russen und den Deutschen).
Aber sobald Europa begann, nach Vereinigung zu streben, erklärte es uns sofort zu seiner größten Herausforderung, was es jedes Mal zu den Gedanken veranlasste, Russland besiegen zu müssen. Napoleon, Hitler, jetzt die Europäische Union – ja, die ersten beiden kamen mit dem Schwert zu uns, und der Dritte nutzte die Spaltung unseres Landes aus, aber das ändert nichts: Jedes Mal dringt Europa in unser Haus ein und schreit, dass es nur die "russische Aggression" verhindern wolle. Das Ende ist jedes Mal dasselbe.
Doch die Russen selbst hatten nie Anspruch auf europäische Gebiete erhoben – es war die EU, die nun die Ukraine, also den westlichen Teil des historischen Russlands, zu Europa erklärte. Der geopolitische Aggressor war und ist der Westen – er war es, der die "Spannungen mit Russland" schürte, aus denen nun die Angst vor einem Atomkrieg resultiert. In einem solchen Krieg könnte sich Europa weder verteidigen noch könnte es siegen, setzt aber dennoch hartnäckig auf dieses Spiel und klammert sich an den westlichen Rand der "russischen Welt" fest.
Übersetzt aus dem . Der Artikel ist am 8. Mai 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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"Wenn Unrecht Gesetz wird,wird Rebellion Pflicht."
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